Hauchdünner Vorsprung

Die Bundespräsidentenwahl bleibt spannend: Gesine Schwan holt auf

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Der schon sicher geglaubte Sieg Horst Köhlers ist in Gefahr. SPD-Herausforderin Gesine Schwan will nun nach potenziellen Überläufern im schwarz-gelben Lager suchen.

Am 23. Mai werden sich Horst Köhler und Gesine Schwan zum zweiten Mal bei einer Bundespräsidentenwahl gegenüber stehen. Mit ihnen auch die politischen Lager: Hinter dem amtierenden Präsidenten Köhler stehen Union und FDP, während sich Schwan auf die Stimmen von SPD und Grünen stützen kann. Wahrscheinlich wird auch die LINKE für die ehemalige Hochschulrektorin votieren. Die Präsidentenkür gilt als Stimmungstest für die Bundestagswahl im September. Es gilt die Faustformel: Wer den Bundespräsidenten stellt, stellt später auch den Kanzler. Kandidatin Schwan bestritt in der »Welt am Sonntag« allerdings jeglichen Zusammenhang. Den Lesern des Springerblattes versprach sie außerdem, »dass eine rot-rot-grüne Bundesregierung 2009 nicht infrage kommt«. Denn Schwan muss im Lager des Gegners wildern, um eine reelle Chance gegen Köhler zu haben. Deshalb muss sie Befürchtungen dieser Überläufer zerstreuen, das Votum gegen Köhler könnte einer rot-rot-grünen Koalition den Weg ebnen.

Wie der »Spiegel« in seiner aktuellen Ausgabe berichtet, sucht Schwan nach »potenziellen Überläufern«. Bei der letzten Wahl im Jahre 2004 gaben immerhin 18 Delegierte aus dem schwarz-gelben Lager der Konkurrentin Schwan ihre Stimme. Derzeit verfügt Köhler nur über eine hauchdünne Mehrheit in der Bundesversammlung, die das Staatsoberhaupt wählt und sich zu gleichen Teilen aus Bundestagsabgeordneten und Landtagsdelegierten zusammensetzt. Angesichts des ohnehin knappen Vorsprungs war es aus Sicht der Union besonders ärgerlich, als am vergangenen Mittwoch durch eine peinliche Panne zwei Wahlmänner-Stimmen verloren gingen. Einige sächsische CDU-Abgeordnete waren mit dem Ausfüllen der Wahlunterlagen offenbar überfordert. So dass die SPD nun zwei zusätzliche Wahlmänner nach Berlin entsenden darf.

Um in den ersten beiden Wahlgängen die vorgeschriebene absolute Mehrheit zu erreichen, müssten 613 der insgesamt 1224 Wahlmänner und -frauen für das jetzige Staatsoberhaupt votieren. Union und FDP kommen zusammen aber nur auf 605 Stimmen. Somit wäre das Köhler-Lager auf die 10 Delegierten der Freien Wähler (FW) aus Bayern angewiesen. Doch die Freien zieren sich, in die Rolle des Königsmachers zu schlüpfen. So trafen sich einige FW-Mitglieder im Februar heimlich mit der SPD-Kandidatin Schwan. Danach versprach der FW-Vorsitzende Hubert Aiwanger zwar, die Freien würden zu ihrem Wort stehen und Horst Köhler wählen. Allerdings teilen nicht alle Parteifreunde diese Einschätzung. So meinte etwa der Bundesvorsitzende Armin Grein, dass einige Mitglieder nach dem Gespräch mit Schwan ins Grübeln gekommen seien. Auch Gabriele Pauli, ehemaliges Enfant terrible der CSU und jetzige FW-Landtagsabgeordnete, bekundete bereits ihre Sympathie für Schwan. Am vergangenen Wochenende hieß es nun überraschend, Pauli werde nicht an der Wahl teilnehmen. Kurz zuvor war ihr von der eigenen Fraktion untersagt worden, für Schwan zu stimmen.

Die Linkspartei lässt noch offen, ob Schwan im entscheidenden dritten Wahlgang auf die 90 Stimmen aus ihrem Lager rechnen kann. Zusammen mit der LINKEN käme Schwan auf insgesamt 603 Wahlmänner, also zwei weniger als CDU und FDP. Im ersten Wahlgang wird die LINKE auf jeden Fall für ihren eigenen Kandidaten Peter Sodann stimmen. Pikanterweise könnten so die Rechtsextremisten zum Zünglein an der Waage avancieren: NPD und DVU stellen immerhin vier Wahlmänner. NPD-Chef Udo Voigt machte bereits deutlich, welchem Kandidaten seine ganze Sympathie gilt: »Köhler sagt das, was das Volk denkt, und er trägt mit seinen Vorschlägen zur Systemveränderung bei.«.

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