CDU verlangt von FDP Verzichtserklärung
Wenig bürgerlicher Umgang bei den Bürgerlichen
Nicht genug, dass CSU-Chef Horst Seehofer keine Gelegenheit auslässt, bei der FDP eine verlässliche Koalitionsaussage anzumahnen, obwohl FDP-Chef Guido Westerwelle schon mehrfach sein leidenschaftliches Bekenntnis zu Schwarz-Gelb geleistet hat. Nicht genug, dass dem bayerischen Ministerpräsidenten dabei auch CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla beigesprungen ist – wiewohl man im Berliner Konrad-Adenauer-Haus vom bajuwarischen Vorkämpfertum bisweilen tüchtig die Nase voll hat. Dass aber nun Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) von der FDP eine Verzichtserklärung auf das Wirtschaftsressort im Falle einer künftigen schwarz-gelben Bundesregierung fordert, dürfte im Hause Westerwelle nicht gut ankommen. Haben prominente Freidemokraten wie ihr Vizechef Rainer Brüderle schon bei den Seehoferschen Attacken davon gesprochen, dass der Münchner Regierungschef ein künftiges Zusammengehen gefährde, könnte ihnen der Angriff aus Hannover ihre Lust am Mitregieren bedeutend dämpfen. Denn jetzt geht's ans Eingemachte. Ob Lambsdorff, Bange- Haus- oder Möllemann – wenn die FDP im Bund etwas mitzureden hatte, galten ihre Emissäre – ungeachtet deren fachlichen Vermögens – als Wirtschaftsfachleute schlechthin.
Womöglich haben die Freien Demokraten noch hingenommen, dass der jetzige Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg auch auf einem CDU-Plakat mit dem Slogan »Wir haben die Kraft für Wirtschaft und Vernunft« abgelichtet wird – als Vorzeichen für den von Wulff jetzt eingeleiteten voreiligen Postenschacher haben sie es vermutlich zunächst nicht wahrgenommen. Aber offenbar will die Union der FDP schon jetzt zeigen, wo der Hammer im Falle eines Zusammengehens nach der Wahl hängt. Was Westerwelles Orakeln neue Nahrung gibt, dass es bei CDU/CSU nicht wenige gibt, die Schwarz-Rot fortsetzen oder es mal mit Schwarz-Grün probieren wollten. Das wiederum veranlasst den FDP-Chef, seinerseits erneut eine verlässliche Koalitionsaussage von der Union einzufordern.
Die angeblichen Wunschpartner bewegen sich im Kreise. Beargwöhnen einander und liefern sich verbale Schlachten, weil sie mit der Tatsache schlecht umgehen können, dass das altgewohnte Lagerdenken nicht mehr funktioniert. Mit der Zukunft des Landes, der Lösung akuter gesellschaftlicher Probleme, dem Leben der Normalsterblichen hat das alles nur insofern zu tun, dass es auf deren Stimmen abzielt. Doch so, wie Union und FDP derzeit agieren, könnten selbst Fans einer »bürgerlichen« Regierung abgeschreckt werden. Kommentar Seite 8
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.