Kicken mit Laudrup

Wohnungslose starten nach Dänemark zur Olympiade gegen Ausgrenzung

  • Anne Britt Arps
  • Lesedauer: 3 Min.

Robert Goerlich ist die Freude anzusehen. Das erste Mal in seinem Leben wird der 49-Jährige heute das Bundesgebiet verlassen – als Mitglied des deutschen Nationalteams wohnungsloser und suchtkranker Menschen, die vom Berliner Hauptbahnhof ihre Reise zu den »Social Inclusion Games« im dänischen Odense antreten.

Parallel zur Leichtathletik-WM in Berlin findet hier vom 17. bis 23. August eine Olympiade gegen Ausgrenzung statt. 14 Länder nehmen mit Teams an den Spielen teil, darunter Schweden, Russland, Norwegen, Frankreich, die Niederlande und Slowenien. Für Deutschland gehen insgesamt 15 Männer an den Start. Die meisten von ihnen waren jahrelang wohnungslos oder haben Suchtprobleme. Sie werden in Berlin in verschiedenen Einrichtungen der GEBEWO-Soziale Dienste oder der Berliner Stadtmission betreut. Fast alle sind inzwischen über 50 Jahre alt.

»Menschen, die sonst von der Gesellschaft ausgegrenzt sind, stehen hier im Mittelpunkt«, erklärt Ortrud Wohlwend, Sprecherin der Stadtmission. Zu diesem Zweck haben sie Trikots drucken lassen und in der Stadt die Werbetrommel gerührt: Der Regierende Bürgermeister, Klaus Wowereit (SPD), hat der Mannschaft ein Grußwort mit auf den Weg gegeben.

Dass er bei seiner ersten Auslandsreise Deutschland bei einem internationalen Sportereignis vertreten würde, hätte Robert Goerlich nie gedacht. Seitdem er vor gut zwei Monaten aus dem Strafvollzug in Thüringen entlassen wurde, ist er ohne eigene Wohnung. Bis er eine neue Bleibe gefunden hat, wohnt er in einer Unterkunft der Berliner Stadtmission.

Der Mann hat ein wechselhaftes Leben hinter sich, das erzählen auch die vielen Tattoos auf seinen Unterarmen. Immer wieder habe er wegen Diebstahls oder Urkundenfälschung im Knast gesessen und sich zwischenzeitlich in Erfurt mal als Dreher, mal als Hausmeister verdingt. »Wir waren unten und versuchen wieder aufzustehen«, beschreibt er seine und die Situation seiner Mitspieler. Jetzt trainiert er allabendlich an der Tischtennisplatte der Berliner Stadtmission. Tischtennis, Dart und Bowling sind die Disziplinen, in denen er für das Berliner Team antreten will.

»Wir wollen, dass sich die Männer mal selber spüren, dass sie merken, dass auch sie was leisten können. Damit möchten wir ihnen neuen Mut machen«, sagt Robert Veltmann von der GEBEWO, der das olympische Team betreut. Seit Wochen schon bereiten sich die Spieler regelmäßig zumindest auf die ihnen bekannten Sportarten vor. Denn neben Leichtathletik stehen auch ungewöhnliche Disziplinen wie Tandem-Fahrradrennen, Rodeo, Minigolf und Heuballen-Rennen auf dem sportlichen Programm.

Höhepunkt ist ein Fußballspiel am 20. August, in dem das »Oldboys National Football Team« – die dänische Nationalmannschaft, die 1992 Europameister wurde und in der auch Brian Laudrup kickte – gegen eine Auswahl wohnungsloser Fußballer spielen wird. »Man merkt den Männern an, dass sie stolz sind, an der Olympiade teilnehmen zu können«, sagt Veltmann. Er hofft, dass die Teammitglieder einen »Kick für ihre Biographie« mit nach Hause nehmen können. Goerlich zumindest hat schon Pläne. Er will sich nach der Reise eine eigene Wohnung und eine Arbeit als Hausmeister suchen.

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