Badewasser im Ozean

Meere deutlich wärmer – was Schwimmer freut, bereitet Biologen Sorge

  • Nathalie Schoch
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Meeresoberflächen sind inzwischen wärmer als im Rekordjahr 2005. Experten schlagen Alarm: Geht die Klimaerwärmung in diesem Tempo weiter, wird es gravierende Folgen haben.

Kinder quietschen vor Freude, wenn sie ins Wasser springen. Sie verbringen Stunden darin, ohne dass die Zähne klappern oder sich die Lippen blau verfärben. Und jene Warmduscher, die sonst nur im beheizten Pool schwimmen, genießen plötzlich die angenehme Abkühlung in der Sommerhitze. Die mittlere Temperatur der globalen Meeresoberfläche war im Juni 2009 so hoch wie noch nie seit Beginn der Messungen im Jahre 1880. Die durchschnittliche Oberflächentemperatur lag um 1,06 Grad höher als der Durchschnitt des gesamten 20. Jahrhunderts. Dies belegt die US-Behörde National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA).

Vor allem im Mittelmeer zeigen sich besorgniserregende Entwicklungen. »Nebst der Überfischung und der Verschmutzung müssen wir nun auch mit den Problemen rund um das ökologische Gleichgewicht fertig werden«, erklärt Franco Andoloro vom Nationalen Meeresforschungszentrum Icram in Rom. »Das Mittelmeer war noch nie so warm wie in diesem Jahr«, so der Meeresbiologe Angelo Mojetta. Fischer und Taucher würden plötzlich Tiere zu sehen bekommen, die im Mittelmeer eigentlich nichts zu suchen hätten. So zum Beispiel Kugelfische oder Papageienfische – Arten, die eigentlich nur im Roten Meer leben.

Nicht nur im Mittelmeer steigen die Temperaturen an. »Alle Meere erwärmen sich«, erklärt Alexander Hauri von Greenpeace. Selbst auf dem Meeresgrund der Nord- und Ostsee registrieren Forscher einen deutlichen Anstieg, sagt Hartmut Heinrich vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Die Messstationen belegen, dass sich die tieferen Wasserschichten selbst in den Wintermonaten nicht mehr unter das langjährige Mittel abkühlen.

Die UNO und ihr Umweltprogramm UNEP veröffentlichten einen dramatischen Bericht über die Folgen des Klimawandels. Dabei ging es auch um die Auswirkungen auf die maritimen Ökosysteme. Heizen sich die Wassermassen weiter auf, binden sie nicht genügend Sauerstoff für eine Vielzahl der Meereslebewesen.

Die Gefahr durch Klimawandel lauert an weiteren Fronten. Die Erwärmung führt dazu, dass Korallenriffe absterben – und diese dienen vielen Seetierarten als Lebensraum. Dazu kommt die Aufnahme von CO2 in der Atmosphäre. »Nicht nur Wälder binden riesige Mengen an CO2, sondern auch die Ozeane«, erklärt Hauri. »Und wärmeres Wasser kann weniger CO2 aufnehmen«. Das sei physikalisch bedingt. Zu vergleichen mit einer warmen Flasche Mineralwasser, bei der nach kurzer Zeit die Kohlensäure entschwindet. Laut Klimawandel Global wird heutzutage fast die Hälfte der Kohlendioxid-Emissionen des Menschen in den Weltmeeren gespeichert. Die Aufnahmekapazität des Wassers sinke jedoch bei steigenden Temperaturen, und so könne bei höheren Wassertemperaturen der Treibhauseffekt noch weiter verstärkt werden. Ein verheerender Kreislauf, den nur wir Menschen aufhalten können. Doch dafür ist es womöglich bereits zu spät.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.