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Zeit für Orakel, aber abgerechnet wird im Wahllokal

Im Saarland lässt die letzte Umfrage vor der Landtagswahl wenig Spielraum für Koalitionen

  • Martin Sommer
  • Lesedauer: 4 Min.
Am Sonntag wird im Saarland gewählt. Jetzt ist die letzte Umfrage vor dem Urnengang veröffentlicht worden. Und die sieht keine klaren Mehrheiten an der Saar voraus.

Geht es nach Infratest dimap, dann kommt die CDU im Saarland auf 38 Prozent, die SPD auf 26, die LINKE bekäme 15, die FDP neun und die Grünen sechs Prozent. Ein schwarz-gelbes Bündnis hätte damit ebenso wenig eine Mehrheit wie ein rot-rot-grünes. Möglich wären allenfalls eine Große Koalition oder ein Jamaika-Bündnis aus CDU, FDP und Grünen. Aber das ist nur eine Umfrage – und an deren Wahrheitsgehalt zweifeln so ziemlich alle Politiker im Saarland.

Oskar Lafontaine, der Mann, der für die LINKE Ministerpräsident werden will, verweist auf frühere Umfragen desselben Instituts. Bei der Bundestagswahl 2005 habe Infratest dimap die Zahlen für das Saarland völlig verfehlt – die CDU sah man bei 37 Prozent, tatsächlich bekam sie an der Saar nur 30 Prozent, »uns hatten sie bei 13 Prozent und nachher waren es 18,5 Prozent«, so Lafontaine im SR-Fernsehen, wo er mit den neusten Zahlen konfrontiert wurde. »Wenn Infratest dimap sich jetzt genauso verschätzt hat, sieht es gut aus.« Für die LINKE an der Saar ist klar: Abgerechnet wird im Wahllokal, nicht beim Demoskopen.

Auch Ministerpräsident Peter Müller von der CDU will lieber Wahlen gewinnen als Umfragen, denn die können auch ziemlich daneben liegen: »Vor der Europawahl ist die LINKE viel höher geratet worden, als sie dann am Ende tatsächlich abgeschnitten hat.« Allerdings zeige die Umfrage gewisse Entwicklungen und Tendenzen: »Die Entwicklung heißt: Die CDU legt zu. Die Entwicklung heißt: Rot-Rot verliert«, so Müller in derselben Sendung. »Die Menschen wollen kein rot-rotes Bündnis im Saarland.« Darüber wiederum kann Saar-SPD-Chef Heiko Maas nur schmunzeln: »Herr Müller freut sich mittlerweile schon darüber, dass er keine Mehrheit hat – auch nicht mit der FDP. Denn das ist nämlich auch ein Ergebnis dieser Umfrage.«

Wenn es tatsächlich so kommt, wie infratest orakelt, dann wäre Müllers CDU der größte Verlierer: Nach zehn Jahren absoluter Mehrheit käme der Absturz – mit einem satten Minus von neuneinhalb Prozent. Kein Wunder, dass der Landeschef lieber darauf verweist, dass seine Partei seit der letzten Umfrage im April zwei Prozent zugelegt hat. Wenn es tatsächlich so kommt, dann verliert die SPD im Vergleich zur letzten Landtagswahl noch einmal mehr als vier Prozent, die Grünen würden fast gleichauf bleiben, die FDP fast vier Prozent zulegen.

Der Gewinner wäre aber ganz klar weiterhin die LINKE – die aus dem Stand 15 Prozent gewinnt. Dass sie jetzt als Verlierer dasteht, das liegt zum einen an den großen Erwartungen, die man hat – auch wegen der Kandidatur Lafontaines und dem damit verbundenen Medienecho. Außerdem daran, dass der Partei von Umfrage zu Umfrage immer weniger Prozent zugetraut werden. Und dass die LINKE nach diesen Zahlen weit weg von einer Beteiligung an der Macht wäre. Wenn es tatsächlich so kommt, wird eine Regierungsbildung nämlich schwer. Dann drohen dem Land Jamaika oder eine Große Koalition der Verlierer. Wenn ...

Zweifel sind durchaus angebracht. Die »Saarbrücker Zeitung« lässt seit Wochen ihre Leser den Ausgang der Wahl tippen. Bei vergangenen Urnengängen lag diese Leserprognose näher am tatsächlichen Ergebnis als Umfragen von infratest oder Allensbach. Hier hat die LINKE zurzeit 17,6 Prozent, die CDU 35,6, die SPD 25,8. Hier wäre ein rot-rot-grünes Bündnis ebenso möglich wie Jamaika oder die Große Koalition.

Und: Laut infratest würden 26 Prozent der Saarländer Oskar Lafontaine direkt zum Ministerpräsidenten wählen, wenn das denn möglich wäre. Das ist natürlich weniger, als seine Konkurrenten Müller und Maas einfahren würden. Und trotzdem ist es verwunderlich. Denn alle anderen Parteien haben kategorisch ausgeschlossen, Lafontaine zum Regierungschef zu wählen – wer ihn will, muss schon die LINKE wählen. Was machen also die restlichen neun Prozent, die nach den Zahlen der Umfrage fehlen? Die Partei hat noch rund eine Woche Zeit, sie zu überzeugen.

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