Den SPD-Absolutismus will niemand mehr

In Essen und Dusiburg wollen die Grünen nach der Kommunalwahl weiter mit der Union kooperieren

  • Lutz Debus
  • Lesedauer: 3 Min.
Am Wochenende sind Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen. Wenn am Sonntagabend alle Stimmen ausgezählt sind, beginnt aber in vielen Städten, Gemeinden und Kreisen erst das zähe Ringen um die Macht. Denn nur vereinzelt können die ehemals großen Volksparteien mit absoluter Mehrheit regieren oder sich auf Kooperation mit nur einer Partei verlassen.

Vor zehn Jahren wurde für Kommunalwahlen die 5-Prozent-Hürde abgeschafft. Neben den größeren Parteien treten so oft noch mehrere andere lokale Vereinigungen und Einzelpersonen an. Ergebnis sind vielfach ungewohnte Konstellationen – auch zwischen den Größeren. In Essen und in Duisburg etwa kooperieren seit Jahren Grüne und CDU.

Essen war lange Jahre wie auch fast alle anderen Städte im Ruhrgebiet SPD-Hochburg. Von 1956 bis 1999 regierten die Sozialdemokraten. Dann verloren sie massiv an Stimmen. Seither ist Wolfgang Reiniger (CDU) Oberbürgermeister.

Joachim Drell, Geschäftsführer des Kreisverbandes der Grünen in Essen, hofft derzeit auf weitere Zusammenarbeit seiner Partei mit der CDU. »Wir haben mit der Union in Essen mehr Gemeinsamkeiten.«

Mit SPD und LINKEN hat er erstmal ein Problem: »Die versprechen den Wählern viel, sagen aber nicht, wie all das umzusetzen ist.« Schaffte Essen etwa die Kindergartenbeiträge ab, würde der Regierungspräsident in Düsseldorf diesen Beschluss sofort kassieren, sagt Drell. Die Ausgaben der hochverschuldeten Stadt werden von der Aufsichtsbehörde kontrolliert.

Noch heute Ärger über machtversessene SPD

Zwar hält der Grüne grundsätzlich eine Zusammenarbeit mit SPD und LINKEN für möglich. Viele Gedanken möchte er sich in diese Richtung aber nicht machen. »Die SPD hier arbeitet bestimmt eher mit der CDU zusammen, als dass sie eine rot-rot-grüne Kooperation anstrebt.«

Letztlich, so Joachim Drells Einschätzung, sei die SPD im Ruhrgebiet durch fast 50 Jahre Alleinregierung geprägt. »Den SPD-Absolutismus will hier niemand mehr.«

Auch die Duisburger Grünen sind nicht gut auf die Sozialdemokraten zu sprechen. Dieter Kantel, ihr Fraktionssprecher im Rat, möchte stattdessen »fünf erfolgreiche Jahre mit der CDU fortsetzen«. Noch heute ärgert er sich über die Kooperation mit der SPD, die von 1999 bis 2002 währte. »Wir hatten damals den Bau einer Radstation gemeinsam geplant. Die Vereinbarung ist dann aber schnell in einer Schublade verschwunden«, sagt er.

Erst mit der CDU habe das Projekt schließlich realisiert werden können. Dann wird Dieter Kantel drastisch: »Die SPD in Duisburg ist machtverwöhnt und machtversessen.« Als vor zehn Jahren die SPD ihre Mehrheit einbüßte und mit den Grünen kooperieren musste, habe sie diese wie ihre eigenen ungezogenen Kinder behandelt. Das sei mit der Union anders: »Die CDU agiert menschlicher, verhandelt auf Augenhöhe«, sagt Kantel.

Gemeinsam habe man so etwa die Stilllegung eines Steinkohlekraftwerks der Stadtwerke durchsetzen können, dessen Arbeit nun Windkraftanlagen leisteten. Mit der SPD, die personell mit der Ruhrkohle AG verbändelt ist, sei ein solcher Beschluss undenkbar gewesen. Die CDU dagegen habe nur nicht die Windkraft auf heimischem Boden gewollt, weil sie eine »Verspargelung« des Rheinlands fürchtete. Man einigte sich schließlich auf Off-Shore-Anlagen in der Nordsee.

Kooperation mit LINKEN punktuell denkbar

Eine Zusammenarbeit mit der LINKEN kann sich Dieter Kantel durchaus vorstellen. Allerdings dominiert hier wie bei den Parteikollegen in Essen die Skepsis. »Die Ziele der LINKEN sind wenig realistisch.«

Die Grünen in beiden Städten halten eine punktuelle Zusammenarbeit aber für denkbar. Gerade weil es in den Rathäusern keine festen Koalitionen gibt, besteht für die LINKE auf diese Weise daher trotzdem eine Chance, die Kommunalpolitik in den beiden Ruhrgebietsstädten mitzugestalten.

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