Grenzenloser Bücherkosmos
Das 9. internationale literaturfestival holt mehr als 200 Autoren nach Berlin
Eindrucksvoll liest sich schon die Vorabstatistik des ilb, des 9. internationalen literaturfestivals berlin: Vom 9. bis 20.9. bestreiten 220 Autoren 300 Veranstaltungen. Ein Etat von rund 600 000 Euro steht dafür zur Verfügung, gespeist gut zur Hälfte aus dem Hauptstadtkulturfonds, mit Zuschuss vom Auswärtigen Amt und der Unterstützung zahlreicher Sponsoren. Lyrik und Prosa aus aller Welt helfen sie damit popularisieren, denn 52 Länder von Afghanistan bis zu den Vereinigten Arabischen Emiraten haben namhafte Schriftsteller ebenso wie vielversprechende Talente entsandt, wobei Deutschland mit 56 Vertretern den größten Anteil stellt.
Finden viele Lesungen und Diskussionen im Haus der Berliner Festspiele statt, das gemeinsam mit der Peter-Weiss-Stiftung als Veranstalter zeichnet, konnten mit dem Kino Babylon, dem Collegium Hungaricum, dem Maxim Gorki Theater weitere Spielorte gefunden werden. Prallvoll ist wieder das Programm, das sich in verschiedene Rubriken gliedert.
Für »Literaturen der Welt« haben sieben Schriftsteller-Juroren wie Abbas Beydoun aus dem Libanon oder Yoko Tawada aus Japan 13 internationale Autoren nominiert, die sich und ihr Werk vorstellen dürfen. Zu ihnen gehören der in den USA lebende Bosnier Aleksandar Hemon, dessen Roman »Lazarus« über das Schicksal eines jüdischen Emigranten in Chicago Anwärter auf den National Book Award ist, Schwedens Dichter Göran Sonnevi, der Deutsche Erasmus Schöfer, der in seiner Tetralogie »Die Kinder des Sisyfos« die linke Protestbewegung zwischen 1968 und 1990 reflektiert.
Ergänzend hat die Festivalleitung knapp 60 weitere Autoren in die Reihe »Kaleidoskop« eingeladen. Prominenteste dürften Südafrikas Literaturnobelpreisträgerin Nadine Gordimer sein, der Brite Hanif Kureishi, der seinen Roman »Das sag ich dir« präsentiert und der, wie auch Tschingis Aitmatow, durch eine Filmreihe geehrt wird, sowie Siegfried Lenz, dessen »Schweigeminute« Kritikerlob fand.
Kennenlernen kann man auch: Arundhati Roy, deren Erstling »Der Gott der kleinen Dinge« von 1996 über die verbotene Liebe zu einem »Unberührbaren«, Kastenlosen weltweit übersetzt wurde und deren politisches Engagement Indiens Eliten missfällt; die Polin Dorota Maslowska und ihren Roman »Die Reiherkönigin« um den Existenzkampf in der Medien- und Konsumwelt; Atiq Rahimi, Prix-Goncourt-Preisträger aus Kabul, der in »Stein der Geduld« über eine Frau erzählt, die ihren schwer verletzten Mann pflegt.
»Fokus Arabische Welt« heißt der Festival-Schwerpunkt. Rund 40 Autoren aus nahezu allen Ländern jenes vielfältigen Sprachraums werben für ihre Literatur auf einem Kontinent, der wenig Notiz vom arabischen Buchmarkt nimmt und selten Übersetzungen selbst der Bestseller vorlegt. Wie wichtig der Disput mit jenem Kulturkreis ist, hat nicht erst 9/11 deutlich gemacht. Unter den teils im Ausland lebenden Schriftstellern sind Stars wie der Algerier Rachid Boudjedra, der im Vorjahr verstorbene Palästinenser Mahmoud Darwish, der Ägypter Khaled Al-Khamissi.
Die Programmsparte »Reflections« befasst sich mit aktuellen Themen aus Politik, Ökonomie und Kultur, umfangreich ist auch die »Internationale Kinder- und Jugendliteratur«, »Erinnerung, sprich« widmet sich verstorbenen Schriftstellern. Der Teil »Specials« vergibt Schreibaufträge an junge Autoren, stellt Nachwuchstalente und Sprachkünstler vor, liest in Gefängnissen, bietet Theater – darunter auch ein Hip-Hop-Musical.
9.-20.9., Telefon 27 87 86 20, Infos unter www.literaturfestival.com
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