Markthalle wird Musentempel
Leerstehendes Gebäude bietet vier Wochen Kunst zur Bezirksgeschichte / Zukunft der Halle ungewiss
Erstmals werden sich am Sonnabend wieder die Türen von Marzahns Markthalle öffnen. Doch statt der markttypischen Angebote werden Besucher am Blumberger Damm zwei Ausstellungen zu sehen bekommen. Auf mehr als 60 Bildern aus dem Bestand des Kunstarchivs Burg haben 13 Maler und Grafiker die Aufbaujahre des neunten Ostberliner Stadtbezirks Marzahn künstlerisch begleitet und kommentiert. »In Anbetracht der Debatte um die Staatskunst ist die Präsentation ein bescheidener Beitrag«, resümiert Gerd Winkler vom Zentrum für Kultur und Zeitgeschichte. Historische Zeitungsartikel aus dem Fundus des einstigen Pressearchivs der DDR werden die Sammlung ergänzen. Die Ausstellungen in der Markthalle sind Teil des Programms zum 30. Bezirksgeburtstag.
Über ein Jahrzehnt steht die Markthalle am Blumberger Damm schon leer. Dabei sollte sie ein Einkaufsmagnet werden und den Bewohnern des auf dem einstigen Areal der LPG Edwin-Hoernle Mitte der 90er Jahre errichteten Wohnviertels Landsberger Tor lange Wege ersparen.
So zumindest stellten sich das die Investoren und der Senat vor. Doch Fehlanzeige. Kaum geöffnet schloss die Halle schon wieder. Seitdem tat sich nichts mehr, wenn auch so mancher Interessent anklopfte. Als schließlich die holländische Kondor Wessels-/Reggeborth-Gruppe 2006 das fünfgeschossige Gebäude mit der Markthalle erwarb, hofften die Anwohner, dass die Halle endlich in Betrieb gehen werde.
Doch ihre Geduld wurde auf eine lange Probe gestellt. Nun scheint aber tatsächlich etwas zu passieren, wie Thomas Groth, Geschäftsführer der mit dem Objekt betrauten Allod Immobilien- und Vermögensgesellschaft, durchblicken ließ. Demnach soll schon bald ein Nahversorger dort eine 1000 Quadratmeter Fläche mieten.
»Wir bemühen uns nach Kräften. Doch das Gebiet rundum ist mit Supermärkten und Centern gut besetzt. Das schreckt so manchen Investor ab«, erklärt Groth. Dennoch zeigt er sich optimistisch, dass sich die Halle nach und nach mit Gewerbetreibenden füllen wird. »Ich würde das natürlich begrüßen«, sagt CDU-Wirtschaftsstadtrat Christian Gräff. Indes beschönigte er auch nicht die Situation. Angesichts des Wettbewerbs im Einzelhandel sei es generell schwierig, Kunden in die Berliner Markthallen zu locken.
In der parallel zu sehenden Ausstellung zeigt ein junges Kreuzberger Künstlerteam zeitgenössische Kunst von besonderer Art. Mobile und Planeten hängen an Gerüsten. Skulpturen schmücken die Regale. Man kann Musik hören, sich Filme ansehen, Gesang oder Dichterwettstreit erleben. »Und das Beste ist, man darf sogar mitmachen, beispielsweise dabei mithelfen, ein Wandgemälde zu vervollkommnen«, sagt Konzeptkünstler Jan Gerrit Strack vom Kreuzberger Nachbarschaftszentrum »RuDi, der in Marzahn sein Debüt gibt. Die Veranstaltung soll wachsen und sogar um die Welt gehen. »2010 will ich damit in Toronto/Kanada sein», sagt der 32-jährige Autor und Philosoph.
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