Polen trauert wieder um »Wujek«-Kumpel

Kutz: Opfer kapitalistischer Ausbeutung

  • Julian Bartosz, Wroclaw
  • Lesedauer: 2 Min.
Nach der Explosion in einer Grube des Kohlebergwerks »Wujek« in Oberschlesien, die am Freitag 13 Kumpel in den Tod riss und 40 verletzte, erklärte Staatspräsident Lech Kaczynski für heute und Dienstag nationale Trauer.

Das Unglück geschah beim Abbau von Restkohle in einem 1005 Meter tiefen Flöz, der wegen schwierigster Förderverhältnisse demnächst geschlossen werden sollte. Wie Jerzy Markowski, ehemaliger Kohleminister, langjähriger Steiger und später Grubendirektor, erläuterte, werden derzeit 80 Prozent der polnischen Steinkohle in von Gasexplosionen bedrohten Flözen gefördert. Wenn die Energiewirtschaft von der »verfluchten Kohle« abhängig sei und die höher gelegenen Flöze ausgebeutet sind, müsse man eben immer tiefer gehen, und dort steige die Gefahr von Schlagwettern.

Erst vor drei Jahren hatte eine Methangasexplosion auf »Halemba« 23 Kumpel in den Tod gerissen. Sie sollten die in 1100 Meter Tiefe befindlichen Fördereinrichtungen demontieren. Direktor und Oberingenieur von »Halemba« wurden der Vernachlässigung der Sicherheitseinrichtungen angeklagt, der Prozess dauert an. Vor dem Hintergrund der Praktiken auf »Halemba« wurden jetzt im Fernsehen Mutmaßungen über ähnliche Zustände in anderen Gruben angestellt. Bürgerliche Medien griffen die Bergleutegewerkschaften an, die sich weniger um die Sicherheit als um höhere Bezahlung sorgten.

Die Grube »Wujek« steht in Polen für »Verbrechen des Kriegszustands«. Am 16. Dezember 1981 schossen Milizen in eine Menge streikender Bergleute und töteten neun Kumpel. Als der bekannte Filmemacher Kazimierz Kutz, der einen Streifen über das »Wujek-Massaker« gedreht hatte, am Sonnabend in Gdynia einen Preis für sein Gesamtwerk entgegennahm, sagte er: »Ja, es gab kommunistische Verbrechen, und jetzt gibt es tödliche Opfer der kapitalistischen Ausbeutung.«

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