Werbung

Einsame Entscheidung ab Mitternacht

Sachsens Landtags-Alterspräsidentin Edith Franke hat Termin der Tillich-Wahl in der Hand

  • Lesedauer: 3 Min.
Mit 66 Jahren ist Edith Franke, die Chefin der Dresdner Tafel und Abgeordnete der LINKEN, die Alterspräsidentin des neuen Landtags. Sie hält eine Rede zur Eröffnung – und lädt zur ersten Sitzung ein. Um den Termin ist ein heftiges Tauziehen entbrannt, weil die Regierung von CDU und FDP ihre Arbeit unbedingt noch vor der Bundestagswahl aufnehmen soll. Doch es gibt rechtliche Bedenken. Über ihre Zwickmühle sprach mit Edith Franke ND-Korrespondent Hendrik Lasch.
Das Meereis in der Arktis schrumpft in beängstigendem Tempo – neue Gefahren fürs Klima
Das Meereis in der Arktis schrumpft in beängstigendem Tempo – neue Gefahren fürs Klima

ND: Sie haben es als Alterspräsidentin in der Hand, wann der Ministerpräsident vom sächsischen Landtag gewählt wird, weil Sie zur konstituierenden Sitzung des Parlaments einladen. Wann ist es so weit, vor oder nach der Bundestagswahl?
Franke: Das entscheide ich nach Ablauf der gesetzlich vorgeschriebenen Frist für die Annahme der Mandate durch die Abgeordneten, also ab Dienstag, null Uhr.

Ist dann denn überhaupt noch eine Konstituierung des Sächsischen Landtags vor den Bundestagswahlen möglich, die ja schon am Sonntag stattfinden?
Meine Aufgabe besteht auch darin auszuloten, ob eine Konstituierung noch in dieser Woche möglich ist. Dabei sehe ich mich als Sachwalterin der Belange des gesamten Parlaments und werde mich weder von der Regierung noch von Fraktionen unter Druck setzen lassen.

Sie hatten am vergangenen Mittwoch gesagt, dass Sie den 29. September für einen geeigneten Termin halten …
Ich habe gesagt, dass mir nach Abwägung aller Gesichtspunkte zu diesem Zeitpunkt der 29. September ein geeigneter Termin zu sein scheint. Das war auch eine Frage der Fairness gegenüber dem Vorpräsidium, das Ende voriger Woche getagt hat und ja eigentlich eine Empfehlung aussprechen sollte.

Was hat Ihnen das Vorpräsidium empfohlen?
Man konnte sich nicht auf eine gemeinsame Empfehlung verständigen. CDU und FDP sind für einen Termin vor, LINKE, SPD und GRÜNE für einen Termin nach den Bundestagswahlen. Ich habe mir alle in dieser Beratung genannten Argumente notiert und werde sie bei meiner Meinungsbildung berücksichtigen.

Was sprach denn aus Ihrer Sicht gegen den Wunschtermin der neuen Koalition, den 24. oder 25. September?
Es hat rechtliche Bedenken wegen der Ladungsfristen gegeben. Zwischen dem Dienstag, dem 22., und dem 24. September liegt eben nur ein Werktag, während drei Tage auch von der Verwaltung als angemessen gesehen werden. Außerdem ist die Frage, ob es sinnvoll ist, den Landtag beschleunigt zur Konstituierung einzuladen, bevor es zwischen den Fraktionen – wie vor fünf Jahren – zu einer Diskussion über offizielle Entwürfe für die Geschäftsordnung für den neuen Landtag gekommen ist.

Die schwarz-gelbe Koalition möchte ein politisches Signal für die Bundespolitik setzen. Ist das nicht nachvollziehbar?
Dafür habe ich ja durchaus Verständnis, aber ich habe mich als Alterspräsidentin parteipolitisch neutral zu verhalten und muss die Belange des gesamten Landtags in den Mittelpunkt stellen. Parteipolitische Ambitionen dürfen diese Entscheidung nicht bestimmen.

Nun erwartet doch Ihre eigene Fraktion vermutlich von Ihnen, sich für einen Termin nach den Bundestagswahlen zu entscheiden?
Ich habe keine Position der LINKEN wahrgenommen, die von der Sicht der GRÜNEN und der SPD abweicht. Es gibt bei diesem Thema unterschiedliche Sichtweisen der Fraktionen, die zur Opposition gehören, und der Fraktionen, die die Regierung tragen werden.

Sie haben in den vergangenen Jahren die Geschäfte der Dresdner Tafel geführt, aber sind Neuling im Parlament. Waren Sie auf dieses Thema schon irgendwie vorbereitet, als Sie Alterspräsidentin wurden?
Ich war darauf eingestimmt, meinen Gehirnschmalz in eine möglichst gute Rede für die konstituierende Sitzung zu investieren, an der ich zurzeit mit Hochdruck arbeite. Dass ich mich einmal mit den Tiefen einer parlamentarischen Geschäftsordnung befassen und damit bundesweit für Aufmerksamkeit sorgen würde, gehörte nicht zu meiner Lebensplanung.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -