Versicherungen in Serie – Teil 2 - Wer einen Schaden verursacht, haftet mit seinem ganzen Vermögen

Assekuranz

  • Lesedauer: 7 Min.

Kurz nicht aufgepasst und schon ist es passiert. Der Freund stößt ein Rotweinglas um und ruiniert den neuen Teppichboden oder die Kinder raufen sich auf dem Schulhof und eine teure Lesebrille geht zu Bruch. Schlimm genug, doch es kann noch schlimmer kommen: Die Familie grillt mit Freunden im Garten und durch die Schuld des Hausherrn verbrennt eine Stichflamme den ungeschützten Arm des Nachbarn.

Auch der folgende Fall findet sich in den Akten einer bekannten hamburgischen Versicherungsgesellschaft: Ein rasender Radfahrer verletzt in der Fußgängerzone einen Passanten schwer.

In all diesen Fällen haftet der Schuldige und ist verpflichtet, den gesamten finanziellen Schaden zu tragen. Er muss also einen neuen Teppich kaufen oder für die Reparatur der Brille aufkommen, dem verletzten Nachbarn muss er Schmerzensgeld und dem dauerhaft geschädigten Fußgänger muss der achtlose Radfahrer die ärztliche Behandlung, Pflegekosten und womöglich lebenslang eine Rente bezahlen. »Kurz nicht aufgepasst« kann also sehr, sehr teuer werden. Finanziellen Schutz bietet nur eine private Haftpflichtversicherung.

Eine Haftpflichtversicherung ist unverzichtbar

Jeder haftet für selbst verursachte Schäden. Das kann Ihnen Millionen Euro kosten – die Sie vermutlich nicht besitzen – und es kann Ihr Leben finanziell ruinieren, denn jeder haftet laut Gesetz mit seinem gesamten Vermögen und mit dem gesamten Einkommen oberhalb der Pfändungsgrenze. »Weil eine Unachtsamkeit solche verheerenden Folgen haben kann, sollte jeder eine Privathaftpflichtversicherung haben«, empfiehlt die Stiftung Warentest, die Betonung liegt auf »jeder«. Eine Haftpflichtversicherung ist unverzichtbar.

Gute Angebote gibt es schon ab etwa 60 Euro. Optimaler Schutz muss also nicht teuer sein. »Insgesamt ist die Haftpflicht eine sehr günstige Versicherungsart«, bestätigt ein Verbraucherschützer, »aber es gibt erhebliche Preisunterschiede.« Während günstige Verträge für Singles ab 60 Euro zu haben sind, verlangen andere Versicherungen bis zu 200 Euro und mehr. Familien mit Kindern können einen umfassenden Versicherungsschutz schon für unter 100 Euro Jahresbeitrag kaufen.

Trotz aller Vorteile und niedriger Preise verzichtet ein Drittel aller Haushalte auf eine Privathaftpflichtversicherung. »Leichtsinnig«, klagen Fachleute. Andere Verbraucher besitzen zwar eine Police, sind aber dramatisch unterversichert – und wissen es oft selber nicht. Wer vor zehn oder zwanzig Jahren einmal einen Vertrag abgeschlossen hat, wähnt sich heute oft noch bestens geschützt. Schließlich zahlt man in jedem Januar brav die neue Rechnung der Versicherungsgesellschaft. Ein möglicherweise teurer Irrtum, denn in alten Verträgen sind oft nur Schäden bis zu umgerechnet einer Million D-Mark festgeschrieben. Im Ernstfall kann dies in der Euro-Ära viel zu wenig sein, und sie sind zu niedrig abgesichert. »Die Deckungssumme sollte so hoch wie irgend möglich sein«, sagen Verbraucherschützer. Selbst eine Deckungssumme von einer Million Euro gilt heute als zu niedrig, fünf Millionen sind fast schon Standard und viele Versicherer bieten sogar Verträge über 7,5 oder 10 Millionen an – meistens für einen akzeptablen Preisaufschlag.

Wichtig ist auch der Schutz bei Auslandsreisen. Wählen Sie eine Versicherung, die Sie im Alltag und im Urlaub gut schützt. Und weil ein Großteil der Bundesbürger keine Haftpflichtversicherung besitzt, ist es sinnvoll, wenn der eigene Vertrag eine sogenannte Forderungsausfalldeckung umfasst. Sie springt für einen Schaden ein, der Ihnen von einer Person zugefügt wurde, die selbst keine private Haftpflichtversicherung besitzt und aufgrund der finanziellen Situation zahlungsunfähig ist. Allerdings zahlt der Versicherer meist erst ab einer bestimmten Schadenssumme – und wenn Sie selber vorher alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft haben, um von dem Schadenverursacher eine Entschädigung zu erhalten.

250 Tarife von »Finanztest« untersucht

Oft reicht eine normale Privathaftpflicht trotzdem nicht aus. Eine Zusatzabsicherung kann für Mieter zweckmäßig sein, um sich gegen Mietsachschäden zu wappnen. Oder wer in seinem eigenen Haus einen Öltank nutzt, sollte eine Gewässerschadenhaftpflicht abschließen und wer Grundbesitz hat, sollte über eine Grundbesitzerhaftpflicht nachdenken. Darüber mehr im dritten Teil unserer Versicherungsserie.

Das verbraucherorientierte Fachblatt »Finanztest« hat 2008 rund 250 Tarife für Familien von 75 Anbietern untersucht. Erstmals wurde dabei getestet, wie verbraucherfreundlich die komplizierten Versicherungsbedingungen sind. 17 Angebote im Test schnitten dabei »sehr gut« ab. Drei sind »mangelhaft«.

Von den Tarifen mit »sehr guten« Bedingungen ist das Angebot »Vario Status« der Haftpflichtkasse Darmstadt am günstigsten. Hier zahlen Familien einen Jahresbeitrag von 71 Euro. Für Singles, Senioren und andere Gruppen gibt es oft noch preiswertere Angebote. Das günstigste Angebot mit »guten« Bedingungen macht die WGV-Schwäbische Allgemeine mit ihrem Standardtarif für 59 Euro.

Leistungsvergleich ist unerlässlich

Welchen Schutz die jeweilige Versicherung im Detail bietet, ist jedoch von Tarif zu Tarif unterschiedlich. Schäden an geliehenen oder gemieteten Gegenständen sind selten abgedeckt, und auch bei Nachbarschaftshilfen aus Gefälligkeit zahlen längst nicht alle Versicherer. Vergleichen Sie daher neben dem Preis auch die Leistung.

Doch selbst, wer alles »richtig« gemacht hat, ist oft unsicher. Eine Umfrage brachte bedenkliche Ergebnisse: Jeder Vierte der Teilnehmer war sich unsicher, ob er wirklich einen guten Vertrag hat, oder sagte sogar, dass er sich nicht gut geschützt fühlt. Zeit, den eigenen Vertrag zu überprüfen, meinen die Experten.

Ob die wichtigen Risiken abgesichert sind, kann ein Anruf klären. Gerade bei älteren Policen kann es vorkommen, dass nicht alle Leistungen aufgeführt oder auf den ersten Blick ersichtlich sind. Fragen Sie Ihren Versicherer, ob die für Sie wichtigen Risiken abgesichert sind. Die Stiftung Warentest hat zudem die folgende Checkliste entworfen. Überprüfen Sie, ob Ihr Vertrag alle Punkte erfüllt.

– Versicherungssumme: Die Versicherungssumme Ihres Vertrags sollte mindestens drei Millionen Euro betragen.

– Beitrag: Zahlen Sie Ihren Beitrag jährlich. Für eine halbjährliche oder monatliche Zahlung verlangen die Versicherer in der Regel Aufschläge.

– Meldung: Im Schadensfall müssen Sie den Versicherer unverzüglich – in der Regel innerhalb einer Woche – informieren. Ansonsten kann der Versicherer die Zahlung verweigern. Dies gilt nach dem neuen Versicherungsvertragsrecht jedoch nur, wenn der Versicherer schriftlich darauf aufmerksam gemacht hat.

– Verschulden: Wenn Sie einen Schaden verursacht haben, sollten Sie Ihre Schuld auf keinen Fall herunterspielen. Stellt der Versicherer »mangelndes Verschulden« fest, muss er nicht zahlen. Damit geht der Geschädigte leer aus.

– Selbstbehalt: Für eine Selbstbeteiligung von meist 150 oder 250 Euro gibt es oft Beitragsrabatte von 25 Prozent und mehr. Sie müssen sich dann mit dieser Summe an der Regulierung von Schäden beteiligen und bekommen für kleinere Schäden kaum Geld. Lohnen kann sich der Selbstbehalt, wenn Sie Mehrleistungen oder einen leistungsstärkeren Tarif des Versicherers wünschen und so durch den Selbstbehalt sparen können.

– Auswahl: Prüfen Sie, ob die Police den notwendigen Grundschutz bietet. Jede private Haftpflichtversicherung zahlt für Sach-, Personen- und Vermögensschäden, die der Versicherte selbst verschuldet oder unabsichtlich anrichtet. Trotzdem ist der Versicherungsschutz nicht bei allen Tarifen genau gleich. Nur ein Tarif, der auch die folgenden Bedingungen erfüllt, bietet einen ausreichenden Grundschutz:

– Allmählichkeitsschäden und Schäden durch die Lagerung gewässergefährdender Stoffe müssen bis zur Versicherungssumme von mindestens drei Millionen Euro gedeckt sein.

– Der Versicherungsschutz muss in voller Höhe auch beim Hüten fremder Hunde (ohne Rasseneinschränkungen) gelten. Es passiert leicht, dass man für kurze Zeit auf den Hund von Freunden aufpasst. Verletzt der Hüter die Aufsichtspflicht, haftet er für Schäden, die das Tier anrichtet.

– Und auch Mietsachschäden – siehe oben – müssen in Höhe von mindestens 300.000 Euro gedeckt sein. Da die Leistung nicht nur für eine Mietwohnung, sondern auch für einen gepachteten Schrebergarten oder ein gemietetes Ferienhaus gilt, ist sie auch für Hausbesitzer wichtig.

– Umfang: Achten Sie darauf, dass der Tarif weitere für Sie wichtige Leistungen bietet und ob die für Ihre Situation notwendigen Erweiterungen vorhanden sind. Das gilt etwa für Hobbyfußballer oder Jugendbetreuer in Vereinen. Auch hier ist eventuell eine Zusatzversicherung zweckmäßig.

Bietet Ihr aktueller Vertrag zu wenig, sollten Sie den Versicherer kündigen und schnellst möglich wechseln. Bei einem Wechsel müssen Sie Ihren aktuellen Versicherungsvertrag spätestens drei Monate vor Ablauf kündigen. Sonst verlängert er sich automatisch um ein Jahr.

Lebenspartner sind mitversichert

Zum Abschluss noch zwei wichtige Hinweise. Ehepartner beziehungsweise Lebenspartner ohne Trauschein sind zuschlagsfrei mitversichert. Um eine Doppelversicherung zu vermeiden, können Eheleute die jüngere Police sofort kündigen, ohne eine Frist wahren zu müssen. Auch für eine Familie mit Kindern genügt ein Vertrag, denn der Nachwuchs ist zuschlagsfrei mitversichert. Unterheiratete volljährige Kinder sind mitversichert, wenn sie eine Lehre oder ein Studium absolvieren. Dies gilt jedoch in der Regel nicht, wenn sie vorher schon einmal berufstätig waren.

Für 12 Euro ermittelt »Finanztest« individuell für Sie eine günstige private Haftpflichtversicherung nach Ihren Vorgaben.

Internet: www.test.de
»Versicherung+Vorsorge«.

HERMANNUS PFEIFFER

Teil 3 des Beitrages erscheint am 7. Oktober 2009

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