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Wer nennt Krieger Helden?
Andreas Bernig rügt die Aufstellung eines Steins für Weltkriegsgefallene / Andreas Bernig rückte 2005 in die Linksfraktion im Potsdamer Landtag nach. Am 27. September wird neu gewählt
ND: In Kemnitz, einem Ortsteil der brandenburgischen Stadt Werder/Havel, sollte gestern Abend ein Gedenkstein für die gefallenen »Helden« des Ersten Weltkriegs wieder eingeweiht werden. Herr Bernig, Sie sind in der Landtagsfraktion der Linkspartei Sprecher für das Tolerante Brandenburg. Kemnitz gehört zu dem Wahlkreis, in dem Sie vor fünf Jahren für den Landtag kandidiert haben und in dem Sie jetzt erneut antreten. Was ist da los in Kemnitz?
Bernig: Der Gedenkstein mit der Aufschrift »Unsern im Weltkrieg 1914-1918 gefallenen Helden« war mehrere Jahre verschollen. Ursprünglich hatte ihn einmal der Kriegerverein aufgestellt. Dann wurde er im Frühjahr bei Bauarbeiten zufällig im Bauschutt entdeckt, restauriert und am zentralen Platz in der Dorfstraße wieder aufgestellt. Das ist ein Skandal. Zwar zählen dergleichen Gedenksteine zur Geschichte, sie sind gewissermaßen Kulturgut. Aber sie gehören in ein Museum und nicht auf einen zentralen öffentlichen Platz.
In Brandenburg kämpfen die Demokraten entschieden gegen rechtsextremistisches Denken und Handeln. Dabei geht es auch darum, den Nazis und Neonazis keinen Raum für ihre Geschichtsklitterung zu geben. Am Soldatenfriedhof in Halbe, wo Rechtsextremisten früher immer wieder unsägliche »Heldengedenken« veranstalteten, konnte dies nach jahrelangen Bemühungen unterbunden werden. Und nun so etwas.
Wie konnte es zur Aufstellung des Steins kommen?
Das hat der Ortsbeirat von Kemnitz so beschlossen und die Stadtverordnetenversammlung von Werder/Havel hat das Vorgehen gegen die Stimmen der Linkspartei abgenickt. Der Ortsbeirat entschied übrigens mit zwei zu einer Stimme gegen den Willen des Ortsvorstehers Joachim Thiele. Joachim Thiele hatte gewarnt, einen solchen Stein wieder aufzustellen. Aus Protest will er den Termin der Einweihung nicht wahrnehmen – und das ist auch richtig so.
Wer steckt dahinter?
Die Politikerin Saskia Funck. Sie ist CDU-Fraktionschefin im Potsdamer Landtag, jedoch auch Mitglied des Kemnitzer Ortsbeirates. Ich bin entsetzt, dass Saskia Funk die deutschen Soldaten als Helden glorifiziert. Es war zwischenzeitlich sogar noch vorgesehen, an die gefallenen deutschen Soldaten des Zweiten Weltkriegs zu erinnern. Wer das tut, verharmlost den deutschen Militarismus und verhöhnt zugleich die Millionen Opfer der von Deutschland ausgehenden Aggressionskriege des 20. Jahrhunderts. Das kaiserliche Heer und die faschistische Wehrmacht waren keine Helden-Armeen – und es gibt auch keine Helden am Hindukusch.
Frau Saskia Funck befindet sich übrigens – wie man hört – auf dem Weg, bei der Bundeswehr Kapitänleutnant der Reserve zu werden. Sie muss sich angesichts ihres Verhaltens in Kemnitz indes fragen lassen, ob sie den Grundkonsens der Demokraten in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus verlassen will? Schlimm ist auch, dass die CDU-Landtagsfraktionschefin nicht auf die Historiker hört, die ihr erklärt haben, dass es so nicht geht.
Saskia Funck holte in dem Landtagswahlkreis in der Gegend um Werder/Havel vor fünf Jahren das Direktmandat. Sie wurden von ihr geschlagen. Rechnen Sie sich Chancen aus, Frau Funck diesmal zu schlagen?
Werder/Havel ist leider eine CDU-Hochburg. Ich mache mir keine Illusionen, dass ich den Wahlkreis gewinnen könnte. Aber allein schon wegen des Gedenksteins von Kemnitz hätte Frau Funk es verdient, dass sie verliert.
Interview: Andreas Fritsche
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