Guido Merkel wird Kanzler / LINKE gestärkt
SPD auf historischem Tiefpunkt / Alle »Kleinen« nun zweistellig / Linkspartei fast 12 Prozent / Wahlbeteiligung erneut gesunken
Berlin (Agenturen/ND). Deutschland steht vor einem Regierungswechsel: Trotz Verlusten für die Union kann Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dank der FDP die erste schwarz-gelbe Regierung seit mehr als einem Jahrzehnt bilden. Hochrechnungen zufolge kamen CDU und CSU bei der Bundestagswahl auf knapp 34 Prozent, das schlechteste Ergebnis für die Union bei einer Bundestagswahl seit 1949. Die FDP erreichte dagegen mit mehr als 14 Prozent das bisher beste Ergebnis. Die SPD stürzte mit rund 23 Prozent auf ein historisches Tief ab. Die LINKE erzielte den Hochrechnungen zufolge über 12 Prozent. Sie erreichten damit ebenso wie die Grünen, die knapp über 10 Prozent erzielten, erstmals zweistellige Ergebnisse. Die bisherigen Großkoalitionäre Union und SPD unterboten mit zusammen 57 Prozent der Wählerstimmen den bisherigen gemeinsamen Tiefstand (60,2 Prozent) bei der ersten Bundestagswahl 1949.
SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier räumte eine »bittere Niederlage« ein. Zugleich kündigte er an, für den Fraktionsvorsitz im Bundestag zu kandidieren. Er wolle Verantwortung als Oppositionsführer übernehmen.
Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel versprach, »Kanzlerin aller Deutschen« zu sein – gerade angesichts der Krise. Das Wahlziel einer Regierung von CDU/CSU und FDP sei erreicht. Sie sei deswegen »glücklich«. FDP-Chef Guido Westerwelle würdigte das Abschneiden seiner Partei als herausragend: »Wir wollen jetzt Deutschland mitregieren.«
Linkspartei-Fraktionschef Gregor Gysi erwartet eine Annäherung der SPD an seine Partei in der gemeinsamen Opposition. Die Sozialdemokraten seien »als zweite Union überflüssig«, sagte er am Sonntagabend in Berlin unter Anspielung auf die Regierungspolitik der Großen Koalition in den vergangenen vier Jahren. Die SPD werde sich nun in Richtung LINKE bewegen müssen, um gemeinsam einen Gegenpol zu Schwarz-Gelb zu bilden. Auch die Grünen kündigten einen harten Oppositionskurs gegen eine schwarz-gelbe Mehrheit im Bundestag an. Spitzenkandidat Jürgen Trittin sagte am Sonntagabend auf der Grünen-Wahlparty in Berlin: »Wir werden die Schwarzen und die Gelben vor uns hertreiben.«
In Ostdeutschland positionierte sich die CDU knapp vor der LINKEN. Nach einer Hochrechnung für das MDR-Fernsehen erhielt die Union im Osten 29,4 Prozent der Stimmen. Die LINKE erhielt von den Ostdeutschen 27,5 Prozent der Stimmen. Die SPD landete bei 17,8 Prozent. Die FDP erreichte 10,9 Prozent der Stimmen, die Grünen kamen auf 8,5 Prozent.
Die Beteiligung an der Bundestagswahl sank auf den niedrigsten Stand seit Bestehen der Bundesrepublik auf 71 Prozent.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.