»Angie unser Sonnenschein« – kommt nun eine Politik mit Herz?
Union gibt sich überlegen, trotz magerer Resultate auch in Bayern / FDP strotzt vor Selbstvertrauen / Grüne treten an zum Koalitionstreiben
Ob das die große CDU mit der kleinen Bayernschwester versöhnt hat? Die CSU sackt nach einer Prognose des Bayerischen Rundfunks in Bayern auf 41 Prozent ab – so schlecht wie nie zuvor bei einer Bundestagswahl. Die Stütze der CSU waren die über 60-Jährigen.
Zukunft sieht anders aus. Der frühere CSU-Chef Erwin Huber bezeichnete das Abschneiden seiner Partei denn auch als »Desaster« und gab indirekt seinem Nachfolger, Ministerpräsident Horst Seehofer, die Schuld. Statt Rot-Rot zu attackieren, habe Seehofer einen »Kleinkrieg gegen die FDP« entfacht. Selbst CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt zeigte sich enttäuscht: Ziel der Union sei es gewesen, die Große Koalition abzulösen. Das habe sie erreicht. Allerdings könne seine Partei nicht mit diesem Ergebnis zufrieden sein. Den deutlichen Verlust der CSU in Bayern von 8,2 Prozent führte Dobrindt auf ein »Stimmensplitting im bürgerlichen Lager zurück«. Davon hätten die Liberalen profitiert.
Doch auch die große Schwester in Berlin möchte nicht so recht den Zeigefinger heben. Die CDU fährt vermutlich ihr zweitschlechtestes Ergebnis ein. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hat das Wahlergebnis dennoch als »ein gutes Ergebnis für unser Land« bewertet. Das erfolgreiche Abschneiden der FDP sei auf viele »Merkel-Stimmen« zurückzuführen. Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel habe die Wahl gewonnen und bleibe im Amt.
Auch Parteivize Roland Koch ignorierte alle Kritik am Wahlkampf der Union. Merkel habe ihr Wahlziel erreicht. Es sei das erste Mal, das ein Regierungswechsel aus der Regierung heraus gelungen sei. Niedersachsens Ministerpräsident und CDU-Vize Christian Wulff bezog in die Freude über seine CDU auch die Freude über den künftigen Koalitionspartner FDP ein: »Ich freue mich, dass es erstmals seit 15 Jahren eine schwarz-gelbe Mehrheit im wiedervereinigten Deutschland gibt.«
Ungeteilter Jubel brach nach der ersten Prognose in der FDP aus. Parteichef Guido Westerwelle, der ach so gern Außenminister werden möchte, hat das Abschneiden seiner Partei bei der Bundestagswahl als »herausragend« gewürdigt. Dieses bedeute aber auch Verantwortung: »Wir wollen jetzt Deutschland mitregieren.« Wie das aussehen soll, skizzierte er äußerst dürftig: Notwendig seien eine faires Steuersystem, bessere Bildungschancen und die Respektierung der Bürgerrechte. Die frühere Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger glaubt, dass das »klare Profil« der Partei für das Wahlergebnis ausschlaggebend gewesen sei. Was auf sie als Liberale zukommt, zeigte sich erst vor wenigen Tagen, als dem noch Schäuble-regierten Innenministerium ein Schnüffelkatalog des Schreckens entschlüpfte.
Der Generalsekretär der nordrhein-westfälischen FDP, Christian Lindner, hofft nun auch auf eine Bundesratsmehrheit für Schwarz-Gelb, um »die Bremsen in Deutschland zu lösen«. FDP-Landeschef Andreas Pinkwart glaubt, dass »CDU und FDP auch in einem Fünf-Parteien-System stabile Mehrheiten erreichen können«.
Nicht so grandios profitiert von den jüngsten Wahlen haben die Grünen Sie freuen sich dennoch über ein zweistelliges Ergebnis. Den Hochrechnungen zufolge heimsten sie über zehn Prozent ein und erreichten damit erstmals ein zweistelliges Ergebnis bei einer Bundestagswahl. Trittin kündigte einen harten Kurs gegen Schwarz-Gelb im Bundestag an. »Wir werden die Schwarzen und die Gelben vor uns hertreiben«, trompetete Trittin gar nicht so herzlich. Man darf gespannt sein, ob und wie sich die Grünen dabei mit den anderen Oppositionellen – der SPD und den LINKEN – abstimmen.
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