Nicht ohne Wirkung ...

LINKE verspricht Schwarz-Gelb harte Opposition – Gysi: Wir bleiben weiter »Störenfried«

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 3 Min.
John F. Kennedy hatte offenbar recht. Zumindest fand sein Satz vom Erfolg, der viele Väter hat, und dem Misserfolg, der ein Waisenkind ist, gestern auf dem Gelände der Berliner Kulturbrauerei augenscheinliche Bestätigung. Zur Pressekonferenz der LINKEN nach dem Wahlerfolg vom Sonntag hatten sich vier Väter und sogar zwei Mütter eingefunden.

Dass der Bundeswahlkampfleiter offenbar unerwartet und so öffentlich ein Lob von Gregor Gysi einfing, hat den sonst nicht nur aus Gründen seiner Körpergröße über allen Dingen stehenden Dietmar Bartsch für einen Moment doch ein wenig verlegen gemacht und Oskar Lafontaine ein Grienen abgerungen. Aber: »Das muss auch mal gesagt werden«, war sich Gysi sicher. Und hob den engagierten Wahlkampf von Bartsch, Claudia Gohde und all den anderen landauf landab hervor, der der LINKEN nicht nur die Zweistelligkeit im Bund, sondern auch 16 Direktmandate, einen Erfolg in Brandenburg und den Ersteinzug in den Kieler Landtag bescherte.

Doch vermutlich war es nicht das Lob, das Bartsch veranlasste, nach einer kurzen Reminiszenz des eben stattgefundenen Wahlgeschehens – Zugewinne in allen Bundesländern und Bevölkerungsgruppen, das stärkste Ergebnis unter allen Parteien bei Arbeitslosen, 12 Prozent bei Erstwählern – sofort den Blick auf die nächste Wahl zu lenken. Sollten Sozialdemokraten und/oder Grüne jetzt im Saarland, in Thüringen oder Brandenburg »nicht springen«, dann würde eben die Landtagswahl am 9. Mai 2010 in Nordrhein-Westfalen für eine neue Situation sorgen, erklärte der Bundeswahlkampfleiter mit Blick auf rot-rot-grüne Optionen.

Eine Schallmauer durchbrochen

Zuvor hatte schon Parteichef Lothar Bisky die Zweistelligkeit als »Durchbruch einer Schallmauer« bezeichnet und wie schon am Sonntagabend die Chance des Weiterwachsens der LINKEN beschworen, »wenn wir keine gravierenden Fehler machen«. Dass seine Partei im Brandenburgischen 50 000 Stimmen absolut dazugewann und mit dem Landtagseinzug an der Förde nun »bis zur dänischen Grenze« vertreten sei, mache ihn sehr froh, sagte Bisky.

Gysi verdeutlichte die historische Dimension des Wahlgeschehens. Seit 1949 habe es in der Bundesrepublik kein zweistelliges Ergebnis links der SPD gegeben. Die LINKE habe eine erstaunliche Akzeptanz erreicht, die nicht ohne Wirkungen auf SPD, Grüne und selbst die Union bleiben werde, und eine Veränderung in der Gesellschaft eingeleitet, war sich Gysi sicher. Er kündigte an, weiterhin »Störenfried« im Bundestag sein zu wollen – und machte sich erneut große Gedanken um die SPD. Der sei am Sonntag bescheinigt worden, dass sie als zweite Union überflüssig sei, erklärte er, und sie könne »unmöglich so bleiben, wie sie ist«. Die von Gysi immer wieder eingeforderte Resozialdemokratisierung der SPD sei freilich jetzt leichter, weil die Sozialdemokraten in der Opposition sitzen. Auf Nachfrage sagte der Fraktionschef, dass sich die SPD ein riesiges Stück bewegen müssen, wenn dereinst »da etwas zusammenlaufen solle«.

»Die sollen sich erst einmal auf ihre Wähler zubewegen«, ergänzte sein sichtlich zufriedener Ko-Partner im Fraktionsvorsitz Lafontaine. Der verwies – sowohl das Wahlergebnis als auch Nachfragen zur Programmatik betreffend – auf die erst zwei Jahre alte neue Linkspartei, die in dieser Zeit das Parteiensystem des Landes endgültig verändert habe. Eine scharfe Abgrenzung von der SPD werde es auch in der Opposition geben, versicherte er – erinnerte aber zugleich an bislang noch im Theoretischen gebliebene Möglichkeiten rot-roter Zusammenarbeit auf Länderebene, um Schwarz-Gelb etwa in Fragen drohender Sozialkürzungen Paroli zu bieten. »Der Bundesrat spielt dabei eine besondere Rolle.«

In Ruhe das Terrain sondieren

Schließlich kamen auch die beiden Mütter des Erfolgs zu Wort. Die Spitzenkandidatinnen der LINKEN in Brandenburg und Schleswig-Holstein, Kerstin Kaiser und Antje Jansen, zeigten sich mit den Wahlergebnissen in ihren Ländern sehr zufrieden. Kaiser sieht in Potsdam die »Chance auf eine große Koalition der sozialen Gerechtigkeit«, registrierte diesbezügliche Bewegung bei der SPD im Wahlkampf und will mit den Ihren jetzt »in aller Ruhe das Terrain sondieren«. Jansen wiederum war's zufrieden, dass »die Lücke im Norden« geschlossen werden konnte und versprach, vor allem für frischen Wind im Kieler Landtag zu sorgen.

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