Vertrauen für Rot-Rot aufbauen

Brandenburgs Linksfraktionschefin geht ohne Ausschlusskriterien in Gespräche mit der SPD

  • Lesedauer: 3 Min.

ND: Mit ihren 27,2 Prozent büßte die LINKE bei der Brandenburger Landtagswahl am Sonntag 0,8 Prozent ein. Sind Sie trotzdem zufrieden?
Kaiser: Ja, denn wir haben 50 000 Stimmen mehr geholt, 21 Direktmandate gewonnen und unser Wahlziel von mindestens 26,6 Prozent erreicht.

Heute beginnt die SPD ihre Sondierungen für die künftige Koalition. Eingeladen in die Potsdamer Staatskanzlei sind erst die LINKE und dann die CDU. Wer geht von Ihnen hin?
Vom Landesvorstand der Vorsitzende Thomas Nord, seine Stellvertreterin Kirsten Tackmann und Stefan Ludwig, von der Fraktion ich als Vorsitzende, meine Stellvertreter Gerrit Große und Ralf Christoffers sowie der Parlamentarische Geschäftsführer Christian Görke.

Welche Chance sehen Sie für eine rot-rote Landesregierung?
Es gibt die Chance für ein rot-rotes Projekt. Es gibt einen klaren Auftrag unserer Wähler. 91 Prozent unserer Anhänger möchten, dass wir Regierungsverantwortung übernehmen, damit aus unserem Wahlprogramm Politik wird. Darum müssen wir verantwortungsbewusst die Möglichkeit einer rot-roten Koalition ausloten. Wir gehen nicht mit Ausschlusskriterien in die Gespräche. Wichtig ist zunächst, Vertrauen zwischen den beiden bisherigen politischen Konkurrenten aufzubauen. Wenn wir diese Hürde nehmen, können wir auch bei schwierigen Fragen Lösungen finden. Die Chance für einen Politikwechsel hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit ist da.

Was ist Ihnen am wichtigsten?
Mindestlohn und bessere Bildung für alle – etwa durch kleinere Kita-Gruppen und Schulklassen.

Im Gegensatz zu Ihnen nennt die SPD angeblich nicht verhandelbare Bedingungen?
Schauen wir uns das konkret an: Den Mindestlohn bei der Vergabe öffentlicher Aufträge wollen wir auch. Hier wird die SPD keinen Streit mit uns haben, sondern mit der CDU. Gegen ein Schüler-Bafög ab Klasse 11 für Jugendliche aus armen Elternhäusern haben wir überhaupt nichts einzuwenden. Wir finden lediglich, dass die Förderung schon früher – im Kindergarten und in der Grundschule – einsetzen sollte.

Bleibt die Niederlausitzer Braunkohle. Die SPD will sie weiter für die Stromerzeugung verwenden lassen, die LINKE plädiert für einen Ausstieg bis zum Jahr 2040.
Ein Koalitionsvertrag würde für die nächsten fünf Jahre gelten. In dieser Zeit sind erst einmal nur Weichenstellungen notwendig: Erneuerbare Energien müssen angesichts des Klimawandels Priorität genießen, die Versorgungssicherheit ist zu gewährleisten. Darüber sind wir uns mit den Sozialdemokraten durchaus einig.

Ich glaube, ein Konsens für die Zeit bis 2014 ist möglich. Dabei muss die LINKE gar keine Abstriche an ihrem Ziel für das Jahr 2040 machen. Für erforderlich halten wir, dass ein öffentlicher Energiedialog auch mit den Betroffenen geführt wird, deren Dörfer abgebaggert werden sollen oder in deren Nähe das bei der Kohleverstromung abgeschiedene und verflüssigte Kohlendioxid in die Erde gepresst werden soll.

Wenn es zu Koalitionsverhandlungen mit der SPD kommt: Wo wird es aus Ihrer Sicht am schwierigsten?
Sicher beim Haushalt und bei der Personalplanung.

Die LINKE betonte im Wahlkampf, angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise komme Brandenburg an einer Neuverschuldung nicht vorbei. Wären Sie trotzdem bereit, einen Sparkurs einzuschlagen?
Die kommende schwarz-gelbe Bundesregierung wird Sozialabbau betreiben. Da müssen wir mit einer verantwortungsvollen Sozialpolitik gegensteuern. Wir brauchen insbesondere Arbeitsplätze mit Löhnen, von denen die Beschäftigten leben können.

Interview: Andreas Fritsche

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