Ärzte ab heute mit elf Prozent mehr Lohn

Marburger Bund schloss zwei Tarifverträge für die Charité und DRK-Kliniken ab

  • Harald Neuber
  • Lesedauer: 3 Min.

Ab heute werden die Gehälter der Charité- und DRK-Ärzte im Schnitt um elf Prozent auf das Niveau des bundesweit gültigen »VKA-Vertrages« angehoben. Zudem erklärte sich die DRK-Unternehmensleitung mit der Rückkehr zur 40-Stunden-Woche ab dem 1. Januar 2010 einverstanden. Am 1. September kommenden Jahres werden die Gehälter erneut um 3,9 Prozent angehoben. Diese Vereinbarung gilt bis Ende September 2011.

Noch am Dienstagvormittag hatten sich die gut 450 Ärztinnen und Ärzte der DRK-Kliniken in Berlin auf einen andauernden Arbeitskampf eingestellt. Mit einer Aktion auf dem Alexanderplatz setzten sich die Mediziner für eine Angleichung ihrer Gehälter an den bundesweit üblichen Tarif ein. Die Ärzte an den Berliner Krankenhäusern der Schwesternschaft des Deutschen Roten Kreuzes verdienen bislang im Schnitt elf Prozent weniger.

Kaum ein paar Stunden nach der Aktion gaben dann DRK-Geschäftsführer Thomas Kersting und Alexander Pillokat überraschend nach. Zu groß war die Kritik an der starren Haltung der Unternehmensleitung geworden. Zudem hatte die Ärzteorganisation Marburger Bund (MB) am Morgen, unmittelbar vor dem Treffen mit der DRK-Geschäftsführung, einen verbesserten Tarifvertrag für die 2200 Mediziner am Universitätsklinikum Charité abgeschlossen. Die DRK-Klinikleitung akzeptierte daraufhin in weiten Teilen die gleiche Vereinbarung. MB-Landeschef Kilian Tegethoff zeigte sich sichtlich zufrieden. Zwei Abschlüsse an einem Tag seien ein »beispielloses Ergebnis«.

Die Tarifverhandlungen an den Berliner Kliniken und der Arbeitskampf an den DRK-Krankenhäusern waren eine Folge der großen Ärztestreiks, die in ganz Deutschland 2006 stattfanden. Damals schloss der MB in Vertretung der deutschen Ärzte einen Vertrag mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Diesen Kontrakt hatte zu Beginn des Jahres der größte private Klinikträger in Berlin, Vivantes, angenommen. Seither tat sich zwischen den Gehältern der Berliner Ärzte eine tiefe Kluft auf, die letztlich auch zum Streik an den DRK-Häusern führte.

»Natürlich wollen wir gleichen Lohn für gleiche Arbeit«, sagte eine Assistenzärztin noch während der Protestaktion zu Wochenbeginn im ND-Gespräch. Zugleich aber sorgten sich die Mediziner über die massive Abwanderung besonders von erfahrenen Kollegen. »Ein solcher Trend gefährdet die Qualität der Versorgung«, sagte die junge Ärztin, »und er erhöht die Arbeitsbelastung für die verbleibenden Kollegen.«

Das rasche Ende des DRK-Ausstandes war auch der Solidarität in der Ärzteschaft geschuldet. Die Berliner Ärztekammer hatte die Forderungen der DRK-Kollegen in der vergangenen Woche offen unterstützt. Der Verband der Honorarärzte rief seine Mitglieder auf, sich nicht als Streikbrecher einsetzen zu lassen. Auch intern wuchs der Druck auf die DRK-Klinikgeschäftsführer Kersting und Pillokat. Der Abschluss an der Charité, der seinerseits auch vor dem Hintergrund des DRK-Ärztestreiks rasch zustande kam, ließ ihnen am Ende keine Chance mehr.


Chronik des Arbeitskampfes an den DRK-Kliniken

Die Verhandlungen zwischen Marburger Bund (MB) und den Deutsches Rotes Kreuz (DRK)-Kliniken werden für gescheitert erklärt – begonnen hatten die Gespräche für das medizinische Personal im Frühjahr 2008.

Urabstimmung: Am 7. September stimmten 99,5 Prozent der Ärzte von drei Lehrkrankenhäusern der Schwesternschaft des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Berlin für eine Arbeitsniederlegung.

13. September: Beginn der Arbeitsniederlegung. Am Dienstag darauf demonstrieren 150 Ärzte medienwirksam zur Berliner Müggelspree. Einen Tag später campen sie vor dem Verwaltungsgebäude.

Nachdem die Geschäftsführung kein Angebot vorgelegt hat, beschließen die Ärzte einen unbefristeten Arbeitskampf, um die Angleichung der Gehälter an den bundesweiten Standard zu erreichen. MK

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.