Im Migrantenheim von Arriaga

Viele Mittelamerikaner wollen in die USA, weil Überweisungen ihrer Verwandten ausbleiben

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 2 Min.
Die globale Wirtschaftskrise trifft besonders die Armen. Unzählige Familien in Lateinamerika haben längst den Rückgang der Überweisungen ihrer Verwandten aus dem Norden zu spüren bekommen.

Juan Delgado rollt mit den Augen. »Was bleibt einem übrig? Es gibt doch kaum eine Alternative als zu gehen«, sagt der 29-jährige Mann. »Wo ich herkomme, zahlen sie einem fünf bis sechs US-Dollar am Tag in der Landwirtschaft. Vier Dollar muss man aber schon für das Essen ausgeben«, erklärt der Salvadorianer aus Zacatecoluca, rund 55 Kilometer von der Hauptstadt San Salvador entfernt. Delgado hat sich zusammen mit zwei Freunden auf den mühsamen Treck gen Norden gemacht. Zu Fuß, auf den Dächern von Güterzügen und manchmal per Bus sind die drei unterwegs. In die USA wollen sie. Guatemala haben sie durchquert und sind nun im Süden Mexikos in Arriaga angelangt. Wenn es hier Arbeit gibt, werden sie eine Zeit lang bleiben, sonst geht es weiter. »Entscheidend ist, dass wir unseren Familien zu Hause einige Dollar schicken können.«

Viele Familien in Lateinamerika sind abhängig von den »Remesas«, wie die Geldüberweisungen von Verwandten auf Spanisch heißen. 70 Milliarden US-Dollar transferierten Migranten 2008 vornehmlich aus den USA und Europa nach Lateinamerika. Auf Mexiko entfiel mit rund 25 Milliarden der dickste Brocken; die Geldtransfers sind für die dortige Wirtschaft zu einer tragenden Säule geworden. Die gibt allerdings in Krisenzeiten nach. So meldet die Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB) Rückgänge um rund elf Prozent beim Transfervolumen. Bis zum Jahresende, so schätzen die Banker, werden nur 62 Milliarden US-Dollar in die Herkunftsländer der Migranten fließen, die in Chicago, Madrid oder Vancouver schuften. »Die internationale Wirtschaftskrise hat die Möglichkeiten der Migranten eingeschränkt, Geld nach Hause zu schicken«, erklärt IDB-Präsident Luis Alberto Moreno.

Besonders prekär ist die Situation in Haiti, wo Armut und Arbeitslosigkeit extrem hoch sowie ökonomische Perspektiven Mangelware sind. Aber auch Nicaragua, El Salvador und Honduras sind von den Geldtransfers aus dem Norden hochgradig abhängig.

»Kommt weniger an, machen sich mehr auf den Weg gen Norden. Das ist die einfache Logik«, erklärt Pater Heymann Vazquez Medina. Er bietet Migranten wie Juan Delgado ein Bett und eine warme Mahlzeit im Migrantenheim von Arriaga. Aus Honduras, El Salvador und Guatemala kommen die allermeisten und die Zahlen steigen wieder. Aber auch ihre Perspektiven sind alles andere als rosig, denn von der steigenden Arbeitslosigkeit in den USA sind die Lateinamerikaner besonders betroffen, so die IDB-Studie.

Doch zu Hause sieht Juan Delgado gar keine Perspektive mehr. Also muss sich in Mexiko oder den USA irgendetwas finden.

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