Mehr Freifahrten und Bargeld
S-Bahn bessert Entschädigungsregelung nach / Ausrangierte Züge werden reaktiviert
Die S-Bahn will jetzt doch mehr Fahrgäste als angekündigt entschädigen. Außer den Stammkunden mit Jahreskarte oder Abonnement dürfen im Dezember auch Studenten der Universitäten in Berlin, Potsdam und Wildau mit Semestertickets kostenlos fahren. Es bleibt allerdings dabei, dass Kunden, deren Jahreskarte etwa im November ausläuft und nicht verlängert wird, leer ausgehen – obwohl sie vier Monate unter dem Chaos leiden mussten.
Entschädigt werden nun auch Besitzer von Monatskarten oder Sozialtickets, aber hier ist die Regelung ähnlich: Wer im Dezember das Ticket kauft, erhält im neuen Jahr 15 Euro in bar erstattet. Für Kunden mit gleitenden Monatskarten, die im Dezember beginnen, wird die Gültigkeit um eine Woche verlängert. Zudem dürfen an den vier Adventswochenenden alle Fahrgäste mit einem Einzelfahrschein den ganzen Tag fahren. Diese Regelungen gelten auch, wenn die Tickets bei der BVG oder anderen Unternehmen des Verkehrsverbundes VBB gekauft wurden. Mit den Gewerbetreibenden in den S-Bahnhöfen will die Bahn individuelle Ausgleichsregelungen vereinbaren.
Die Ankündigung stieß auf ein geteiltes Echo. Die Grünen nannten es eine »Unverfrorenheit«, dass Abonnenten, deren Zeitkarten vor Dezember auslaufen, außen vor bleiben sollen. Die CDU sieht in den Regelungen ein »Missverhältnis zu den monatelangen Schlechtleistungen«. Der VBB dagegen wertete sie als »richtiges Signal an die Fahrgäste«, forderte aber die Bahn erneut auf, »das eng geschnürte Sparkorsett« für die S-Bahn zu lockern.
Neben den Entschädigungsregelungen kündigte Bahnvorstand Ulrich Homburg Sofortmaßnahmen für die Verbesserung von Angebot, Qualität und Service an. So sollen weitere 55 S-Bahnhöfe mit elektronischen Zugzielanzeigern ausgerüstet und 24 stillgelegte Wagen der Baureihe 485 aus DDR-Produktion reaktiviert werden. Außerdem erhalten alle Fahrzeuge eine Spezialversiegelung gegen Graffitischmierereien.
Entschädigungen und Sofortmaßnahmen lässt sich die Bahn 55 Millionen Euro kosten. Das entspricht dem Gewinn, den die S-Bahn 2008 an den Mutterkonzern abführen musste. Die Gesamtbelastung für die S-Bahn durch das Desaster veranschlagte Homburg allein für dieses Jahr auf mindestens 75 Millionen Euro. Das Minus werde vom Mutterkonzern ausgeglichen.
Noch für Oktober kündigte Homburg eine deutliche Entspannung der Situation an. Bis Monatsmitte würden voraussichtlich 600 Wagen wieder zur Verfügung stehen, bis Monatsende 800. Derzeit sind es 440. Vom 13. Dezember an soll es wieder einen normalen Zugverkehr mit werktags rund 1100 Wagen geben – falls nicht neue gravierende Mängel auftauchen.
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