Schöne Gärten, die keiner haben will

Vereine finden nicht mehr genügend Pächter / In fünf Jahren ganze Anlagen im Bestand bedroht

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

»Der Herbst steht auf der Leiter und malt die Blätter an …« hatte es in DDR-Zeiten während dieser Jahreszeit aus dem Radio geklungen. Brandenburgs Kleingärten werden jetzt tatsächlich bunt. Und sie werden immer öfter aufgegeben.

Von einem »zunehmenden Leerstand wegen fehlender Nachpächter« muss Agrarminister Dietmar Woidke (SPD) berichten. Das trifft in erster Linie die Gartensparten außerhalb des Berliner Umlandes. Laut Minister rechnen beispielsweise die Kleingartenverbände Prignitz, Prenzlau und Spremberg ab 2010 mit Mitgliederrückgängen um je rund 500. Noch zählt der Landesverband Brandenburg der Gartenfreunde über 71 000 Mitglieder, die in 1356 Kleingartenvereinen organisiert sind und insgesamt etwa 4300 Hektar nutzen.

Als Ursache für den Rückgang gibt Woidke den Bevölkerungsschwund an. Rund die Hälfte der Nutzer seien 60 Jahre und älter. Ferner nehmen nicht nur die Belastungen für die Kleingärtner zu, sondern auch die Anzahl der Privatinsolvenzen. Zunehmend sei es ein Problem, Pächter zu finden.

Wo es keine Arbeit gibt, ziehen die Menschen weg, und wo die Menschen wegziehen, gibt es keine Pächter für Kleingärtner. Es fehlt an Nachwuchs. Bereits jetzt sind 69 Prozent der Kleingartenpächter in Brandenburg älter als 55 Jahre und 43 Prozent sogar älter als 65 Jahre. Bislang reagieren die Kleingartenvereine auf den Schwund, indem sie nicht mehr benutzte Gärten zum Beispiel in Streuobstwiesen oder Flächen für das Schreddern von Baumschnitt umwandeln. 300 Gärten sind in den vergangenen Jahren zurückgebaut worden. Für den Rückbau kann es sogar Fördermittel vom Umweltministerium geben, allerdings nur für Kleingartenanlagen auf kommunalen Flächen.

Die finanziellen Belastungen für die Vereine durch freie Gärten werden immer größer. Die verbleibenden Kleingärtner müssen die Pachtsumme für die nicht benutzten Flächen mit aufbringen. Irgendwann werden die Kosten dafür zu hoch. Deswegen könnte es in fünf Jahren dahin kommen, dass womöglich ganze Anlagen aufgegeben werden müssen, glauben die Gartenfreunde.

Eine andere Entwicklung nimmt hingegen der kommerzielle Gartenbau. Dessen Bedeutung in der brandenburgischen Landwirtschaft wächst. Knapp 20 000 Arbeitsplätze gibt es inzwischen in diesem Bereich, dessen Anteil an der Wertschöpfung in der Landwirtschaft bei 20 Prozent liegt. Die genutzte Fläche liegt bei über 11 000 Hektar. Mit Gemüse kann sich Brandenburg selbst versorgen. Sechs Kilogramm Gurken verzehrt der statistische Brandenburger im Jahr, eine Ernte von 9,6 Kilogramm pro Kopf liegt vor. Bei Möhren und Roter Beete erwirtschaftet das Bundesland mehr als das Doppelte von dem, was es verbraucht. Über sechs Kilogramm dieser Feldfrüchte werden im Schnitt vom durchschnittlichen Brandenburger verbraucht, fast 13 Kilogramm pro Kopf jedoch geerntet. Anders liegen die Dinge beim Obst. Von drei Äpfeln, die in Brandenburg verzehrt werden, sind nur zwei in Brandenburg gewachsen. Fast 40 Kilogramm Äpfel verzehrt der Durchschnitts-Brandenburger im Jahr. Von den 2,3 Kilogramm Erdbeeren, die die Brandenburger pro Kopf und Jahr verbrauchen, wachsen 0,6 Kilogramm im Land, und nur 13 Prozent der verzehrten Birnen stammen aus einheimischem Anbau.

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