Vom Wert der Wildnis

Kalenderblätter, die zum Handeln bewegen

  • Günter Queißer
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit dem Thema »Wildnis« für ihren Kalender 2010 hat es sich die künstlerisch-ökologische Arbeitsgruppe FORMICA nicht gerade leicht gemacht. Sie führt uns mit beeindruckenden Zeichnungen in das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin, will Brücken bauen zu einem tieferen Verständnis für die Zusammenhänge in der Natur.

Wie weit, so fragt Michael Succow, darf sich der Mensch von der Natur entfernen, sich als Herrscher über die Natur aufspielen, als deren Ausbeuter und Zerstörer handeln? Der für seinen Einsatz für den Erhalt von Wildnisgebieten mit dem alternativen Nobelpreis geehrte Biologe schrieb einen Begleittext zum Kalender, in dem er mehr Mut zur Wildnis fordert.

»Uns Malenden«, gesteht uns Gilbert Waligora, Urgestein der Gruppe FORMICA, Pädagoge und Künstler, »wurde erst bei der künstlerischen Arbeit, und als wir unsere Gedanken formulierten, bewusst, wie bedeutsam das Wildnisproblem ist. So bekamen unsere Texte unter den Aquarellen teilweise persönlichen Charakter. Sie zeichnen unser Erleben nach, zitieren aus wissenschaftlichen Quellen, um Zusammenhänge oder praktische Maßnahmen des Naturschutzes zu erklären, auf Schönheiten der Natur, aber auch auf Missstände, die der Mensch als Wilderer an der Natur vielerorts hinterlässt, aufmerksam zu machen.«

Die Künstlergruppe hat keine Scheu, sich auch in die Politik einzumischen – eine Tradition, die noch vor die Wende zurückreicht. Damals zog Waligora mit Kindern malend durch Landschaftsschutzgebiete und legte sich dabei auch mit Privilegierten aus Stasi und Armee an. Er wurde dafür aus dem Kreispionierhaus geworfen, gab nicht auf, fand Unterschlupf in einem Kulturhaus, verbündete sich mit der Forstwirtschaft, gestaltete mit seiner Gruppe einen Wanderweg, pflanzte 100 000 Bäume – bis zur Wende, danach hatte der Forstbetrieb dafür kein Geld mehr. Damals wurde die Idee geboren, jenen Kalender zu gestalten.

Ihren kritischen Blick hat die Gruppe bis heute bewahrt, wie das Kalenderblatt vom April zeigt. Als sie in der »kleinen Wildnis«, einer bisher verschont gebliebenen Schutzzone, Spuren schwerer Fahrzeuge entdeckten, schrieben sie an das Umweltministerium des Landes Brandenburg. Tatsächlich fand ihr Protest Gehör. Der Revierförster hätte zwar entsprechend der Vorgaben gehandelt, aber das sei aus naturschutzfachlicher Sicht nicht richtig. Die Vorgaben würden nun präzisiert. Das werde sich so nicht wiederholen. Ein Erfolg, der den Kalendermachern und vielleicht auch so manchem Betrachter Mut macht.

Der Kalender 2010 kann bestellt werden bei: Joachim Czepa, Ludwigsluster Str. 7, 12619 Berlin. E-Mail: marita.czepa@berlin.de oder Gilbert Waligora, Tel.: (030) 422 34 11.

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