LINKE im schärferen Wettstreit
Neuer Fraktionschef Udo Wolf zu Vorhaben / Gesprächsangebot zur Verbesserung der Kitas
Ausgestattet mit einem soliden Wahlergebnis von 17 gegen 4 Stimmen bei einer Enthaltung stellte sich gestern der am Vorabend zum neuen Fraktionsvorsitzenden der LINKEN gewählte Udo Wolf den Journalisten. Offenkundig zufrieden konnte er ihnen im Abgeordnetenhaus auch von Zustimmung zur »generellen Linie« des Strategiepapiers »Mit sozialem Fortschritt aus der Krise« (ND vom 6.10., S. 11) berichten.
In einer angeregten Debatte am Dienstag sei es einer »engagierten« Fraktion vor allem darum gegangen, welche Bereiche zusätzlich bearbeitet werden müssten, informierte Wolf. Dazu zählte er auch eine »bessere Präsentation in der Öffentlichkeit«. So seien beispielsweise beim Thema Schulreform Detailaspekte in den Vordergrund, die Brechung des Bildungsprivilegs als Hauptanliegen jedoch in den Hintergrund geraten.
Es solle nicht Geld mit beiden Händen rausgeworfen werden, meinte Wolf, doch werde Berlin um neue Schulden nicht herumkommen, sagte der Fraktionsvorsitzende. Die Frage sei nur, wie hoch sie ausfielen. Tariferhöhungen im Öffentlichen Dienst und höhere Aufwendungen für die Kitas seien nicht aus dem laufenden Haushalt heraus zu erbringen, »wenn wir nicht ins unvernünftige Haushalten abgleiten wollen«.
Hier kündigte der neue Fraktionsvorsitzende die Aufnahme von Gesprächen mit den Initiatoren des Kita-Volksbegehrens an. »Wünschenswert wäre, wenn man sich gütlich einigen könnte«, sagte Wolf. Es bestehe nicht die Absicht, Qualitätsverbesserungen gegen die Kostenfreiheit auszuspielen. Bildung habe kostenfrei zu erfolgen, laute die Auffassung der LINKEN, und Kitas seien als Bildungseinrichtungen zu verstehen. In dieser Woche solle über einen Dialog in der Koalition beraten werden, am Dienstag sei Senatssitzung, dann könne ein Gesprächsangebot gemacht werden.
Das Rechenmodell der LINKEN berücksichtige die Schuldenbremse, hatte Udo Wolf beim Thema Finanzen angemerkt. Gegen die könne eventuell geklagt werden. Es solle allerdings nicht darum gehen, vornehmlich Schulden machen zu können, sondern »Handlungsspielräume« zu erhalten. Es habe keinen Sinn, der Krise und den Steuerausfällen hinterherzusparen, vielmehr gehe es um »intelligente Konzepte, Berlin krisenfest zu machen«. Dafür kündigte Udo Wolf eine »moderne antizyklische Konjunkturpolitik« an, soweit dies im Landesmaßstab möglich sei. Er äußerte sich optimistisch, dass in besseren Zeiten die Schulden auch wieder abgetragen werden können.
Bei einem Blick auf das Berliner politische Spektrum, in dem gleich mehrere Parteien stärkste werden wollten, sieht Udo Wolf die Grünen künftig vor der Entscheidung zwischen einer schwarz-gelb-grünen Jamaika-Koalition oder dem rot-rot-grünen Spektrum. Diese Aus-einandersetzung solle inhaltlich geführt werden, und dem diene das Strategiepapier, bestätigte er. 2011, also im Berliner Wahljahr, könne sich das Parteiensystem weiterentwickeln.
Der Wettstreit, wer die Partei der sozialen Gerechtigkeit sei, werde jetzt schärfer, meinte Wolf. Die SPD werde keine Rücksichten mehr auf die Bundesregierung nehmen müssen. Sie werde jetzt nicht alles über den Haufen werfen, aber Korrekturen vornehmen. Es blieben mit dem Koalitionspartner grundsätzliche Differenzen beim Thema Hartz IV und Diskussionsbedarf. Doch wolle man weiter einen guten Regierungsstil pflegen.
Nach der Neuwahl des Fraktionsvorsitzenden war am Dienstagabend zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Martina Michels gewählt worden. Die weiteren Fraktionsvize sind Jutta Matuschek und Marion Seelig.
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