Der Kormoran ist Vogel des Jahres

Umweltschützer kritisieren Jagd auf das Tier / Der Fischereiverband ist empört

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit dem Kormoran an sich haben die Boltenhagener Fischer kein Problem. Schließlich sei er Bestandteil des »Naturhaushalts« – so ein Handzettel, der seit einigen Tagen in der Marina des Ostseebades ausliegt. Es gebe nur viel zu viele der gefiederten Fischfresser. Deswegen fordern die Küstenbewohner, die Jagd auf den Kormoran künftig ganzjährig zu erlauben, »bestandsreduzierend« in die Brutkolonien einzugreifen und ein europäisches Kormoranmanagement einzuführen.

Auch weiter südlich hat der bis zu 90 Zentimeter messende Vogel mit einer Flügelspannweite von anderthalb Metern nicht viele Freunde. In Brandenburg wurde zu Monatsbeginn die »Kormoranverordnung« verlängert, die es gestattet, neue Kolonien zu verhindern. Sogar der Abschuss ist erlaubt, sollten die Vögel einem Fischteich näher kommen als 500 Meter. Nicht tödliche Vergrämungen reichten einfach nicht mehr aus, erklärte das Potsdamer Umweltministerium. Den Abschießern hat der Naturschutzbund (NABU) nun den Krieg erklärt und den Kormoran zum »Vogel des Jahres« ausgerufen. »Die Bilanz ist beschämend: Jedes Jahr werden in Deutschland wieder rund 15 000 Kormorane getötet«, so NABU-Vize Helmut Opitz. In Deutschland lebten endlich wieder derzeit 24 000 Brutpaare, nachdem der Kormoran nach »intensiver Verfolgung durch Fischer und Angler« in den siebziger Jahren nahezu ausgestorben gewesen sei.

Brandenburgs NABU-Landeschef Tom Kirschey sagte: »Wir haben in den letzten Jahren erlebt, wie der Kormoran zum Sündenbock für die Probleme der Fischerei gemacht wurde.« Die Landesregierung habe weit über das rechtlich zulässige Maß hinaus die Tötung von Kormoranen gestattet, ohne dass der Fischerei damit geholfen worden sei. Damit müsse Schluss sein.

Die Fischer haben den Fehdehandschuh aufgehoben. Michael Schütt, Vizechef des Landesverbands der Kutter- und Binnenfischer in Mecklenburg-Vorpommern, sieht »eine Provokation«. Der Deutsche Fischerei-Verband erklärte gar, die Kür des Kormorans zum Vogel des Jahres sei nicht nur »außerhalb jeder Vernunft«. Sie sei »ein Schlag ins Gesicht aller Demokraten und wirklichen Naturschützer«. Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus (SPD) kann »verstehen, dass die Fischer dafür wenig Verständnis aufbringen«. In Potsdam dagegen mauert das Agrarministerium: Zwischen der NABU-Kür und der Kormoranverordnung sah ein Sprecher »keinen Widerspruch«.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.