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Platzeck drückt aufs Tempo

In den Potsdamer Koalitionsverhandlungen legt die SPD bereits einen Vertragsentwurf vor

  • Wilfried Neiße, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit bemerkenswerter, fast überrumpelnder Geschwindigkeit laufen derzeit die politischen Dinge in Potsdam ab. Am frühen Mittwochabend trafen sich SPD und Linkspartei zur ersten Runde der Koalitionsverhandlungen. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der sich innerparteilich enormer Angriffe zu erwehren hat, setzte den Sozialisten vorher einen Vertragsentwurf für die Koalition vor, mit dem diese nicht zufrieden sind.

Am Montag die Entscheidung der SPD für den künftigen Regierungspartner, noch am gleichen Abend und am Tag darauf die Bestätigung in den Parteigremien und am Mittwoch bereits die erste Koalitionsrunde: Dieses Tempo hat etwas Überrumpelndes. Viel Zeit für Besinnung lässt das nicht aufkommen, weder bei Freunden noch bei Gegnern von Rot-Rot. Und das kommt nicht von ungefähr.

Ministerpräsident Matthias Platzeck beschreitet politisches Neuland, was ihm nicht allzu viele zugetraut hatten und was auch mit Blick auf die vergangenen acht Jahre Regierungspolitik in Brandenburg keineswegs absehbar war. Jetzt beginnt ein Gewaltmarsch nach vorn. Schon am 6. November soll der Landtag den Ministerpräsidenten im Amt bestätigen. Das dient vielleicht der Sache, denn Gegner von Rot-Rot gibt es nicht nur in den Medien und in der CDU. Und die werden so kaum Zeit haben, sich zu sammeln und zu koordinieren.

Noch am leichtesten zu verschmerzen ist das billige Nachkarten der verschmähten CDU, die von »Verrat an der friedlichen Revolution von 1989« spricht. So klingen schlechte Verlierer. Außerdem hat die Ost-CDU die politische Wende schließlich nicht herbeigeführt.

Der Gegenwind aus den eigenen SPD-Reihen darf nicht überschätzt werden. Dass es ihn gibt, ist zwar Tatsache, aber anders herum – wenn die SPD sich für die CDU entschieden hätte – wäre auch Unmut laut geworden. In dem mit rund 6700 Mitgliedern überschaubaren SPD-Landesverband neigt geschätzt ein Drittel zu Rot-Rot. Ein Drittel ist in dieser Frage unentschieden und das verbleibende Drittel ist dagegen. So oder so liefe es also auf eine kleine Zerreißprobe hinaus.

Platzeck ist jetzt natürlich gedrängt, die LINKEN in der brandenburgischen Regierung möglichst klein zu halten. So könnte er besser das Gesicht wahren und aller Welt zeigen: Seht her, die tanzen nach meiner Pfeife.

Das nun von der SPD-Spitze vorgelegte Tempo irritiert die Linkspartei. Zwar machte der Parteirat der LINKEN in seltener Einmütigkeit von 40 Ja- und 2 Nein-Stimmen bei einer Enthaltung den Weg frei für die Koalitionsverhandlungen. Aber die Handschrift der LINKEN muss für ihre Anhänger auch erkennbar bleiben. Am Entwurf zu einem Koalitionsvertrag, den die SPD gestern den Linken übergeben hat, werde »noch sehr gearbeitet werden müssen«, hieß es im Umfeld der Verhandlungsgruppe. Ob am Ende mehr als optische Korrekturen möglich sind und wie weit die Handschrift beider Parteien zu lesen sein wird, das bleibt abzuwarten. Angesichts des ermittelten Finanzlochs von zusammen 1,5 Milliarden Euro in den Jahren 2009 und 2010 sind die Spielräume für Wohltaten allerdings geringer als ursprünglich angenommen. Verantwortlich dafür sind die Wirtschaftskrise, die Bundespolitik, aber auch das Agieren der Landespolitik in den vergangenen zwanzig Jahren. Übrig blieb vor allem die Frage, mit wem die Sozialdemokraten in die kommenden harten Zeiten schreiten wollten.

Platzeck sagte in Interviews, er wolle die bisherige Zusammenarbeit mit der CDU nicht schlechtreden. Der Vorrat an Gemeinsamkeiten sei aber so gut wie aufgebraucht gewesen. In der CDU müssten sich manche Kollegen noch vergegenwärtigen, dass ein Wechsel in einer parlamentarischen Demokratie etwas ganz Normales sei.

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