»Bis früh um fümwe …«
Hauptmannsfest versetzt Köpenicker Altstadt in das Jahr 1906
Eine originell gestaltete Postkarte, ausgelegt auf den Tischen im »Altstadtcafé Köpenick«, weckte die Neugier der Gäste. In Gestalt eines »General-Anzeigers« aus den Anfängen des vorigen Jahrhunderts wurde da für ein neues und ungewöhnliches Fest geworben. Fast auf den Tag genau 103 Jahre nach dem spektakulären Streich des arbeitslosen Schusters Wilhelm Voigt, der in einer preußischen Hauptmannsuniform hier die Kasse des Rathauses geplündert hatte, werden an diesem Sonnabend die Straßen und Plätze in dem historischen Areal zwischen Dahme und Spree zurück in die Zeit um 1906 versetzt. Die Köpenicker und ihre Gäste sind aufgerufen, an diesem Tag in der Mode von vor 100 Jahren durch die Altstadt zu flanieren.
Sabine Lausch, Ideengeberin und Initiatorin des neuen Ereignisses, ist sicher, dass der »Hauptmannsstreich in Köpenick« großen Anklang finden wird. »Jeden Tag haben sich bei mir Leute gemeldet, die mitmachen wollen,« sagt die engagierte Chefin des »Altstadtcafés« in einem ND-Gespräch. »Manche wollten nur wissen, wo man sich passende Kleidung ausleihen kann, andere haben seltene Stücke aus Großmutters Wäschetruhe angeboten.« Besonders gefreut hat Sabine Lausch, dass Teilnehmer der »Historiale« im Nikolaiviertel auch in Köpenick dabei sein wollen. »Wenn man sich kostümiert,« weiß die gebürtige Cottbuserin, »wird man eine andere Person, man geht anders, gibt sich anders, es ist unglaublich!«
Köpenick, so Sabine Lausch, die hier seit elf Jahren ihr Café betreibt, mache noch immer viel zu wenig aus seiner weltberühmten Hauptmannsgeschichte. Mit dem neuen Fest, das sich zu einer Tradition ohne die üblichen Bierbuden und Wurststände entwickeln soll, wollen die Gewerbetreibenden der Altstadt zusammen mit dem Tourismusverein und dem Bezirksamt den Stadtteil im Berliner Südosten bekannter und attraktiver machen. Kulinarisches bieten die vielen Restaurants der Altstadt an, wo Familien an diesem Tag auch eigenen Kaffee kochen können.
Am Sonnabend kann man mit einer historischen Straßenbahn rund um die Altstadt fahren, sich mit einer Kutsche auf Entdeckungsreise begeben oder vom Wasser aus das Panorama Köpenicks bewundern. Uraltautos, Fahrräder von anno dunnemals, ein Zuckerbäckerkarussell namens »Ringelreiten«, um nur einige der Attraktionen zu nennen, prägen das Bild. Bezirksbürgermeisterin Gabriele Schöttler (SPD) enthüllt im Luisenhain ein bronzenes Modell der Altstadt und öffnet ihr Dienstzimmer zwischen 11 und 12, sowie 16 und 17 Uhr.
Zu einem zünftigen Hauptmannsfest gehört natürlich auch die Moritat vom Geschehen des Oktober 1906, gespielt vom Hauptmann ehrenhalber Jürgen Hilbrecht und unterstützt von der Hauptmannsgarde der Kunstfabrik Köpenick. Unter dem Motto »Bis früh um fümwe kleine Maus« bildet ein Altberliner Ball im Rathaus den Abschluss.
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