Das Trennende, das uns eint
Neue Gesellschaft für Bildende Kunst zeigt Ausstellung zu Migration im Kalten Krieg an drei Orten
Kaum ein anderes deutsches Wort birgt so viele Zweideutigkeiten in sich wie das Wort Teilung. Es steht für Trennung, für Auseinanderbrechen, Tragödie und Unversöhnlichkeit. Aber auch für solidarisches Miteinander, für abgeben, sich opfern, Meinungsgleichheit und Hilfe in höchster Not. All diesen trennenden und einenden Aspekten widmet sich eine Ausstellung der Neuen Gesellschaft für Bildende Kunst.
Sie ist an drei Orten zu sehen, die mit der innerberliner Grenze verbunden sind: In der Oranienstraße 25, am Flutgraben an der Oberen Freiarchenbrücke zwischen Kreuzberg und Treptow sowie in dem einstigen Treptower Grenzturm. Ein internationales Künstlerteam hat mit einer Vielfalt künstlerischer Ausdrucksmöglichkeiten versucht, Migrationsbewegungen zu Zeiten des Kalten Krieges plastisch zu machen.
Im Mittelpunkt steht das Verbindende der Teilung, beispielsweise in Korea und Deutschland. Historische Materialien und Dokumente werden aufbereitet und schlagen eine Brücke zur Gegenwart. Da ist die DDR-Frau, die in den 60er Jahren einen nordkoreanischen Studenten heiratet, den die solidarische Bewegung mit dem kriegszerstörten Korea nach Ostberlin gebracht hat. Sie gründen eine Familie und werden dann aber wieder getrennt, weil zwischen der UdSSR und der VR China ein erbitterter Bruderzwist ausbricht und Nordkorea sich auf die Seite Chinas schlägt.
Brieffragmente zeigen Trauer und Wut, Fotos eine scheinbar heile, glückliche Welt. In einem Videobeitrag erleben wir den Landeanflug auf die nordkoreanische Hauptstadt Pjöngjang. Faszination der Uniformiertheit, eintrainierte Beifallsorgien, Allmacht der Macht, die unerschütterlich scheint und für die Ewigkeit gemeißelt. Doch aber Risse und Freiräume offen legt, in denen sich neues Leben entfaltet.
Die Darstellungen geben ein weit differenzierteres Bild von geschichtlichen Vorgängen, als die heute übliche schwarz-weiße Betrachtung über die DDR. Ein Film widmet sich den Sichtweisen auf die dramatischen Oktobertage 1989 im Ost- und Westfernsehen. Deutlich wird, dass sich engagierte DDR-Bürger gegen Erstarrung und Propagandaödnis zur Wehr setzten, dann in den übermächtigen Sog des Einheitswirbels gerieten, aus dem es kein Entrinnen gab.
Parallel zu den Ausstellungen und als ein weiterer Farbtupfer in der Betrachtung zur Teilungsproblematik läuft im Kino Arsenal in der Potsdamer Straße das asiatische Frauen-Film-Festival bis zum 20. Oktober. Hier werden neben US-amerikanischen auch zahlreiche nordkoreanische Filme angeboten, die sich mit der Rolle der Frau in Krieg und Umbrüchen auseinandersetzen.
Die Ausstellung an drei Orten ist bis 15. November täglich ab 12 Uhr zu sehen, in der ersten Wochenhälfte bis 19 Uhr, in der zweiten bis 20 Uhr
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