Wirtschaft sieht Licht am Tunnelende
Trotzdem droht im Winter weiterer Anstieg der Arbeitslosigkeit
Die Berliner Wirtschaft schöpft wieder Hoffnung. »Und es ward Licht, wenn auch noch etwas gedämpft«, beschrieb IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder gestern die Lage. Grund für den verhaltenen Optimismus liefert die Herbstumfrage von Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie Handwerkskammer (HWK) bei rund 1000 Unternehmen. Demnach beurteilen diese ihre Geschäftslage zu 82 Prozent als gut oder befriedigend, 18 Prozent als schlecht. Der Saldo aus positiven und negativen Lageeinschätzungen stieg von minus 2 auf plus 5. »Das ist der erste Anstieg seit 2007, der Tiefpunkt der Krise scheint überwunden zu sein«, so Eder.
Auch beim Blick in die Zukunft schwindet der Pessimismus. Während vor einem halben Jahr noch 40 Prozent der Unternehmen eine Verschlechterung ihrer Situation befürchteten, sind es nun noch 26 Prozent. Der von den Kammern ermittelte Konjunkturklimaindex erreichte so mit 100 im Vergleich zum Jahresbeginn ein Plus von 13 Punkten und damit den Stand von 2005, dem Beginn der Boomphase. »Das ist mehr als ein kleiner Aufschwung, das ist eine Trendwende«, kommentierte Eder.
Die Lichtblicke gibt es in fast allen Branchen, mit einer Ausnahme: Der Handel schätzt seine Lage noch fast so schlecht ein wie im Frühjahr. Der Saldo aus positiven und negativen Geschäftserwartungen fiel sogar um 5 auf minus 30 Prozentpunkte. Das ist der niedrigste Wert seit 2001. »Der Handel traut dem stabilen Konsumklima jetzt nicht auf Dauer. Die Erwartungen sind grottenschlecht«, sagte Eder. Am zuversichtlichsten sehen die Bauindustrie und die Dienstleistungsbranche ihre Situation.
Doch die allgemeine Aufhellung trifft noch nicht alle Seiten der Wirtschaft. Besonders bei den Beschäftigungs- und Investitionsplänen sieht es weiterhin düster aus. Hier planten die Firmen noch sehr vorsichtig, sagte Eder. Nach solch einer Krise sei das aber normal. Der Saldo von positiven und negativen Beschäftigungserwartungen fiel seit dem Frühjahr um zehn auf minus 19 Punkte, der drittschlechteste Wert seit Beginn der Statistik 2003. Wollten im vergangenen Frühjahr noch 26 Prozent der befragten Firmen Stellen streichen, sind es nun 30 Prozent. Besonders in der Bauindustrie und im Handel droht Jobabbau.
Die Kurzarbeiterregelung stoße an ihre Grenzen, so HWK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Wittke. Auch die Konjunkturprogramme seien nicht in der Lage, die Ausfälle privater oder gewerblicher Bauaufträge auszugleichen. Relativ stabil sei der Arbeitsmarkt in Industrie und Gastgewerbe, allerdings überwiege auch hier die Zahl der Betriebe, die eine Verringerung der Beschäftigtenzahl planten.
Die Kammern erwarten deshalb im Winter einen »spürbaren Anstieg« der Arbeitslosigkeit. Mit derzeit 14 Prozent habe Berlin »die rote Laterne« im Vergleich der Bundesländer, sagte Eder, daran werde sich so schnell nichts ändern. Er rechnet mit einer Steigerung um ein Prozent, »schlimmer wird's hoffentlich nicht«. Die Auswirkungen würden auch von den Impulsen abhängen, die von der Bundesregierung kommen.
Schwacher Trost: Berlins Wirtschaft schrumpft weniger heftig als die in anderen Bundesländern. Grund ist der Mangel an Industrie. Eder rechnet in diesem Jahr mit einem Rückgang der Berliner Wirtschaftsleistung um 2 bis 2,5 Prozent und einem Plus von 1 Prozent im kommenden Jahr. Diese Prognose sei aber »extrem fragil«. Berlin stünde damit besser da als ganz Deutschland, für das die führenden Forschungsinstitute in diesem Jahr einen Einbruch des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von fünf Prozent erwarten.
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