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Deutsch auf dem Schulhof Pflicht

Gustav-Falke-Grundschule im Weddinger Problemkiez lockt mit gut gemischter Modellklasse

  • Andrea Barthélémy, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

Auf dem Hof der Gustav-Falke-Grundschule in Wedding tummeln sich trotz des miesen Herbstwetters lachend und schreiend die Schüler. Über 300 sind es insgesamt, aber ein blonder Haarschopf ist kaum zu entdecken – neun von zehn Kindern haben hier ausländische Wurzeln. Das soll sich bald ändern: Mit einem einzigartigen Modellprojekt, einer kleinen, top-ausgestatteten Klasse mit »Deutsch-Garantie«, will Schulleiterin Karin Müller auch deutsche Mittelschichtskinder aus dem angrenzenden Mitte für die Schule gewinnen. Nur gut deutsch sprechende Kinder sollen die Klasse besuchen. Neben ein paar kritischen Stimmen, die neue Abgrenzung durch »Elite-Klassen« wittern, wächst die Zustimmung für das ungewöhnliche Projekt im Problemkiez.

Nur einen Steinwurf weiter südlich, an der Bernauer Straße, verlief einst die Mauer. Doch diese Grenze ist für die Gustav-Falke-Schule heute noch präsent: Während im armen Wedding im früheren Westen vor allem Migranten leben, Billigketten sich an Telefonshops und 99-Cent-Cafés reihen, liegen südlich der Bernauer Straße in Mitte die schön sanierten Altbauten. Hier wohnen vor allem deutsche Mittelschichtsfamilien, die bislang einen weiten Bogen um die Weddinger Schulen machten.

Doch genau bei diesen Eltern trommelt Müller nun seit Monaten mit ihrem Kollegium für das Projekt. Sie wirbt in Kitas, sucht das Gespräch mit Elterninitiativen, veranstaltet Infoabende. »Wir haben die Eltern ganz konkret gefragt, was sie sich von ihrer Schule wünschen. Und genau das bieten wir nun an«, sagt Müller. Konkret heißt das: Eine kleine Klasse mit höchstens 24, statt der üblichen 28 Kinder. Einen zusätzlichen Naturwissenschafts-Schwerpunkt, elektronische Tafeln und Englisch schon von der ersten Klasse an. Für die Zulassung muss ein Deutsch-Test bestanden werden – außerdem wurde mit den Eltern vereinbart, dass die Hälfte der Schüler deutscher Herkunft sein wird.

»Es soll keine Elite-Klasse werden«, betont Müller. Schließlich würden auch die anderen ersten Klassen künftig mit Englisch starten und der Austausch soll durch gemeinsame Projekttage gefördert werden. Zudem sei Deutsch seit Jahren nicht nur im Unterricht, sondern auch auf dem Schulhof Pflichtsprache.

Doch wie gelingt die Gratwanderung, neue Eltern zu gewinnen, ohne alte auszugrenzen? Die Schulleiterin antwortet: »Die Entscheidung war einstimmig. Unsere Eltern begrüßen das Konzept.« Je mehr deutsche Kinder kommen und je mehr deutsch gesprochen wird, desto besser, sagen die Elternvertreter aus dem Wedding. Auch andere Schulen im umliegenden Brunnenviertel ziehen deshalb mit und wollen ähnliche Projekte starten.

Rückenwind kommt aus der Berliner Politik. Die Senatsbildungsverwaltung unterstützt das Vorhaben, der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) begrüßt die »zukunftsweisende Initiative«. Grüne, FDP und CDU halten das Projekt ebenfalls für nachahmenswert. »Wenn es auf diesem Weg gelingt, Kinder mit besseren Deutschkenntnissen verstärkt auf die Schule zu bringen, dann ist das, langfristig betrachtet, ein sehr erfolgversprechender Weg«, sagt ein Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Der Landeselternausschuss empfiehlt das Konzept auch anderen Schulen in sozialen Brennpunkten, damit sich die Schülerschaft sozial durchmische.

Bis es soweit ist, muss die Gustav-Falke-Schule jedoch zuerst einmal genügend Schüler für die Modell-Klasse gewinnen: Am Tag der Offenen Tür vergangene Woche zeigten sich die Eltern zwar nicht in Scharen, dafür aber sehr interessiert. »Ich kann mir durchaus vorstellen, meinen Sohn hierhin zu schicken«, sagt eine deutsche Mutter nach dem einstündigen Rundgang, bei dem sich Schüler, Lehrer und Schulleiterin mächtig ins Zeug legten. Im November zeigt sich, ob das Engagement belohnt wird – dann ist die Erstklässler-Anmeldung.

www.gustav-falke-g.cidsnet.de

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