Das Berliner Stadtschloss aus Buche
Ein Pankower fertigt mit einer Fräse einzigartige Holzreliefs / Ausstellung in Brandenburg
Der Flur ist eine kleine Galerie: Goethe, der Alte Fritz sowie Königin Luise hängen neben dem Pankower Bürgerparktor und dem Pankower Rathaus. Ganz am Rand steht ein aufwendig gestalteter Grabstein, und auf dem Dielen-Tisch hat Lutz Holzbauer sein neuestes Werk platziert: Eine hölzerne Vase. Genau wie bei den meisten anderen Arbeiten hat der Hobbykünstler Buchenholz verwendet. »Weil es hartes Material ist und eine dichte Maserung besitzt«, sagt der Rentner.
Eine Reise vor fast 30 Jahren ins polnische Danzig inspirierte ihn zu seinen Arbeiten. Damals sah er einem Schnitzer zu, der aus einem glatten Stück Holz eine filigrane Landschaft schuf. »Ich war fasziniert und fühlte mich sofort inspiriert«, erinnert sich der 66-Jährige. Doch er wollte es anders machen und dachte, mit einer Fräse gelingen ihm die Motive sogar schneller als per Schnitztechnik. Und so probierte und experimentierte er zunächst mit unterschiedlichen Fräsaufsätzen. Schließlich musste der Pankower erst einmal ein Gefühl für die Höhen und Tiefen eines Reliefs entwickeln. Für ein erstes Porträt saß seine Frau Angela Modell. Selbstkritisch sagt er heute, damals seien ihm die »verschiedenen Ebenen noch nicht gut gelungen«. Deshalb wäre die Nase genauso hoch wie das gesamte Gesicht.
Inzwischen kann er es besser. Und Holzbauer ist davon überzeugt, deutschlandweit einer von ganz wenigen zu sein, die künstlerische Holzreliefs mit einer Fräse herstellen. Etwa 50 Unikate kreierte er inzwischen: Aus Büchern holt er sich seine Anregungen und verwandelt die Motive am Computer zu Strichzeichnungen. Die klebt er auf ein flaches Stück Buchenholz und fräst sich von unten nach oben zum fertigen Bild. Erst während der Arbeit erfindet er Strukturen, um Dächer, Stoffe oder auch Haare besonders hervorzuheben. Ein wirklich zeitaufwendiges Verfahren, für das Holzbauer manchmal zur Lupe greift. Unterschiedlich geformte Fräsaufsätze, die ein bisschen an einen Zahnarztbesuch erinnern, benutzt er dabei.
Wie viel Zeit er für ein einziges Kunstwerk benötigt, hängt nicht nur von der Größe des Bildes und dem Schwierigkeitsgrad ab, sondern auch von der Lust und Laune seines Schöpfers: »Manchmal lasse ich es zwei, drei Wochen liegen, bevor es weitergeht.« Das Berliner Stadtschloss, an dem er gerade die letzten Handgriffe ausführt, und das Pankower Rathaus hätten besonders viel Geduld und Fingerspitzengefühl erfordert. Aber das macht ihm schließlich Spaß.
Ganz sicher hat er das Künstlerische in seinen Genen: Der Großvater war ein gefragter Zimmermannsmeister und der Vater malte gern. Auch auf Ausstellungen und Messen zeigt Holzbauer sein Talent. Ende des Monats präsentiert er auf dem Gelände im brandenburgischen Paaren/Glien einige seiner Werke.
Als nächstes will er sich dem gerade frisch sanierten Schloss Schönhausen in seinem Heimatbezirk Pankow widmen.
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