Werbung

Argentinien: Kindergeld für Arme

Präsidentin Kirchners Dekret markiert Wende in der Sozialpolitik

  • Marcela Valente (IPS), Buenos Aires
  • Lesedauer: 2 Min.
Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner hat per Dekret Kindergeld für Familien eingeführt, deren Vorstände arbeitslos oder im informellen Sektor beschäftigt sind.

Die ab Dezember monatlich ausgezahlten Beträge in Höhe von knapp 50 US-Dollar läuten nach Ansicht von Experten die Wende in der Sozialpolitik des südamerikanischen Landes ein. Bisher haben einzig Berufstätige, die monatlich weniger als 1260 Dollar verdienen, eine finanzielle Unterstützung für ihre Kinder erhalten. Sie wird ihnen als Teil ihres Lohns ausgezahlt. Dieser Mechanismus schließt arbeitslose Eltern und solche, die keiner offiziellen Beschäftigung nachgehen, aus. Das soll sich nun ändern.

Das neue Kindergeld in Höhe von 48 Dollar erhalten künftig Kinder unter 18 Jahren sowie Menschen mit Behinderungen ohne Altersbeschränkung. Ausgezahlt wird es denjenigen Vätern oder Müttern, die in der Schattenwirtschaft nicht über den Mindestlohn von rund 368 Dollar kommen. Jede Familie kann den Zuschuss zum Lebensunterhalt für bis zu fünf Kinder beantragen.

Rubén Lo Vuolo vom Zentrum für Politik und Verwaltung, der seit Langem ein universelles Kindergeld in Argentinien fordert, spricht von einem »Meilenstein in der Geschichte der argentinischen Sozialpolitik«. Damit sei Argentinien nach Uruguay und Brasilien das dritte Land in der Region, das sozial schwachen Familien das Recht auf einen staatlichen Mindestsatz einräume. Das argentinische Kindergeld ist allerdings an eine Bedingung geknüpft. So müssen Eltern nachweisen, dass ihre Kinder zur Schule gehen und geimpft sind. Diese Auflage ist jedoch ebenso umstritten wie die Entscheidung, das Kindergeld per Dekret einzuführen. Besser wäre es gewesen, ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden, meint der Ökonom Claudio Lozano, der für die Partei Proyecto Sur im Parlament sitzt. »Ein Dekret ist von den Launen der jeweiligen Regierung abhängig, während ein Gesetz bei einem Regierungswechsel eine größere Überlebenschance hat.« Kritik wurde auch gegen die Entscheidung laut, die Gelder in Höhe von insgesamt jährlich 3,6 Milliarden Dollar für etwa 5,4 Millionen Kinder aus der Rentenkasse zu entnehmen. Überschüsse der staatlichen Sozialversicherungsbehörde ANSES müssten nun für die Aufstockung der Renten verwendet werden, meinen die Gegner der neuen Regelung. Nach Angaben der Gewerkschaft Central de Trabajadores Argentinos leben 47 Prozent der Kinder in dem südamerikanischen Land unterhalb der Armutsgrenze.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.