Hassparolen über das Internet

Sieben Betreiber eines Nazi-Senders stehen seit gestern vor Gericht

  • Peter Kirschey
  • Lesedauer: 2 Min.

Laut bellt »Heidi« noch ein »Heil Hitler« ins Mikrofon, um dann einen Titel des »Kommando Freisler« abzuspielen.

»In Belsen, in Belsen, da hängen wir sie an den Hälsen;
in Buchenwald, in Buchenwald, da machen wir die Juden kalt;
in Meiderneck, in Meiderneck, da machen wir aus Juden Speck;
aus Judenhaut aus Judenhaut, da wird der Lampenschirm gebaut;
in Auschwitz, das weiß jedes Kind, dass Juden nur zum Heizen sind.«

Anschließend schob sie noch ein kräftiges »Sieg Heil« nach, um dann laut darüber nachzudenken, dass in der Nazizeit eigentlich viel zu wenig Juden umgebracht wurden. Für diese menschenverachtenden Auftritte sitzt Sandra B. alias »Heidi«, alias »Gefion« (31) zusammen mit sechs weiteren Kumpanen auf der Anklagebank des Landgerichtes.

Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Bildung krimineller Vereinigungen und Volksverhetzung nennt es die Staatsanwaltschaft.

Sie nannten sich »R. Rassenhass«, »K. Nackentod«, »NSDAP«, »Volkssturm« oder eben »Heidi«. Aus dem Schutz der Anonymität heraus hat die Nazi-Bande zwischen 2006 und 2009 gemeinsam den braunen Internetsender »European Brotherhood Radio« von verschiedenen Standorten aus betrieben. Rund um die Uhr wurden Nazi-Lieder gespielt, zum Hass auf Juden, Türken und Linke aufgestachelt. Sie sollen Bombenbauanleitungen ins Internet gestellt und diese Homepage in ihrem Radio beworben haben. Was niemand von ihnen wusste: Sandra B. arbeitete seit zwei Jahren für den Verfassungsschutz.

Als IM Doris König war sie bei der niedersächsischen Inlandsspionage registriert, mit dem Ziel, in der DVU Fuß zu fassen und dann zu berichten. Dafür erhielt sie ein monatliches Salär von 300 Euro. In der Partei brachte sie es zur Ortsvorsitzenden von Soltau und wurde schließlich stellvertretende Geschäftsführerin des DVU-Landesvorstandes.

Tag für Tag war sie wie die anderen braunen Gesellen mit ihrem Nazi-Programm auf Sendung, hetzte gegen Juden, machte bösartige Witze über Rote – der Verfassungsschutz sah zu, wie die Frau Tag für Tag die Gesetze missachtete. Was wusste die Behörde, wie viel hat sie vertuscht, oder hat sie gar bei den rechten Programmen direkt oder indirekt mitgewirkt? Nach Angaben des Anwalts bestreitet der niedersächsische Verfassungsschutz eine Kenntnis.

Mehrere Stunden benötigte die Staatsanwaltschaft zur Verlesung der 65-seitigen Anklageschrift, einschließlich der volksverhetzenden Musiktitel der Gruppen »Landser« (als kriminelle Vereinigung verurteilt) oder des »Kommando Freisler«. Spannend dürfte die Verhandlung werden, wenn Sandra auspackt und die anderen Radiomacher belastet. Im Saal saßen bei den Zuhörern Musiker der braunen Szene. Ob sie jetzt Rache schwören?

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