Hessen ohne Äpfel und Birnen
»Iss, trink und beweg dich«, lautet das Motto einer Kampagne der Europäischen Kommission, die die Förderung gesunder Ernährung von Schulkindern zum Ziel hat. Obst und Gemüse soll kostenlos in den Schulen verteilt werden. Damit soll Falsch- und Mangelernährung und der damit verbundenen gesundheitlichen Folgen begegnet werden.
Finanziert werden soll das Programm teils von der EU, teils von den jeweiligen Mitgliedsländern. In Deutschland hatten sich vor wenigen Wochen die Bundesländer bereiterklärt, etwa die Hälfte der 40 Millionen Euro aufzubringen. In Hessen sollte dieser Betrag von Eltern und Sponsoren berappt werden.
Trotzdem müssen die hessischen Schüler auf die gesunde Vitaminspritze verzichten. Die Landesregierung aus CDU und FDP lehnte jetzt das Schulobstprogramm ab. Ihre Verweigerung begründen die beiden Parteien nicht etwa damit, dass die Ernährungslage hessischer Schüler so gut ist, dass sie es das Obst nicht brauchen. Vielmehr wurde auf einer Klausurtagung der hessischen CDU in Fulda die Befürchtung geäußert, dass das Schulobstprojekt Schule machen könnte. »Würden Schüler mit Vitaminspenden bedacht, dann könnten als Nächste ja Hartz-IV-Empfänger mit Obstwünschen daherkommen«, werden hessische Unionspolitiker in den Medien zitiert.
Diese Worte sagen mehr über das viel bemühte soziale Gewissen dieser Politiker aus als viele Sonntagsreden. Hier wird auch die Heuchelei von Politikern deutlich, die immer wieder beklagen, dass das abgehängte Prekariat sich und seine Kinder falsch ernährt. Würden sie ihr Lamento ernst meinten, müssten sie doch jeden Hartz-IV-Empfänger, der Obst und Gemüse fordert, lautstark begrüßen. Von Protesten gegen diese Entscheidung der hessischen Regierung ist nichts bekannt geworden. Das könnte allerdings einem gesunden Realismus geschuldet sein. Viele Menschen haben nämlich, allen sozialen Phrasen zum Trotz, von diesen Politikern nichts anderes erwartet.
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