»Jamaika« unter schwerem Beschuss

Rolf Linsler als Vorsitzender der Saar-LINKEN auf Landesparteitag wiedergewählt

  • Oliver Hilt, Merzig
  • Lesedauer: 2 Min.
Rolf Linsler steht für weitere zwei Jahre an der Spitze der Saar-LINKEN. Auf einem Parteitag in Merzig stimmten 82 Delegierte für den 67-Jährigen, 36 votierten mit Nein, neun enthielten sich. Linsler führt die Partei seit ihrer Gründung durch den Zusammenschluss von WASG und PDS und übte am Sonntag scharfe Kritik an der ersten schwarz-gelb-grünen Koalition auf Länderebene.

Zu Beginn des Parteitages übermittelten die Delegierten dem erkrankten Bundesvorsitzenden Oskar Lafontaine ein Genesungstelegramm. »Wir wünschen dir gute Besserung, baldige Genesung und dass man dir die Zeit dafür lässt«, sagte Linsler unter Beifall der über 150 Delegierten und Gäste. Er gehe davon aus, dass Lafontaine Mitte Januar »wieder an Bord sein wird«.

Auf dem Parteitag gab es scharfe Attacken gegen die neue schwarz-gelb-grüne Landesregierung und insbesondere gegen den Landesvorsitzenden der Saar-Grünen, Hubert Ulrich. Linsler bezeichnete die Grünen als »Steigbügelhalter« für eine CDU, die das Land »zehn Jahre abgewirtschaftet« und deshalb bei der Landtagswahl 13 Prozent verloren hatte. Außerdem wies er erneut auf die Rolle des FDP-Politikers und Unternehmers Hartmut Ostermann bei der Regierungsbildung hin. »Es gibt ja so Gerüchte, dass der eigentliche Ministerpräsident der Ostermann ist – die einen haben den Weihnachtsmann, die anderen den Ostermann.«

Auch für den parlamentarischen Geschäftsführer der Linksfraktion im Landtag, Heinz Bierbaum, ist »Jamaika« erst möglich geworden durch den »Wahlverrat der Grünen«. Die seien schließlich für einen Politikwechsel eingetreten. Jetzt würden sie eine »klar neoliberale Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik« akzeptieren.

Linsler kritisierte auch die erste Regierungserklärung von Ministerpräsident Peter Müller (CDU) als Chef des ersten Jamaika-Bündnisses auf Landesebene. Müller habe insbesondere »keine Antwort«, wie die katastrophale Finanzlage des Landes gelöst werden könne. Die LINKE habe mehrfach vorgeschlagen, zur Verbesserung der Einnahmen die Vermögens- und Erbschaftssteuern zu erhöhen. Diese kämen vor allem den Ländern zugute. Die saarländische Landesregierung lehne dies aber »aus ideologischen Gründen« ab.

Bierbaum warf der Landesregierung darüber hinaus »im Hinblick auf Sozialpolitik völlige Fehlanzeige« vor. Dabei verwies er auf die hohe Zahl von Leiharbeit und prekären Beschäftigungsverhältnissen im Saarland. Die Linkspartei dagegen setze sich gegen Lohndumping, für eine Beschränkung der Leiharbeit und für Mindestlöhne ein.

Nach einer Satzungsdebatte beschloss der Parteitag, die Zahl der stellvertretenden Vorsitzenden von zwei auf drei zu erhöhen, Gewählt wurden dabei der 62-jährige Wirtschaftswissenschaftler Heinz Bierbaum, die Vorsitzende der Linksjugend (solid) an der Saar, die 22-jährige Jura-Studentin Sandy Stachel, und die 40-jährige Kauffrau Tatjana Heffinger.

Die LINKE hat bei der Landtagswahl im Saarland am 30. August aus dem Stand 21,3 Prozent erreicht. Nach der Entscheidung der Grünen für eine Koalition mit CDU und FDP ist die Linkspartei die zweitstärkste Oppositionsfraktion nach der SPD.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.