Engagement für Flüchtlinge?

Sarah Hergenröther zieht eine erste Bilanz der »save me«-Kampagne

  • Lesedauer: 3 Min.

ND: Wie und wann ist die Kampagne »save me« entstanden?
Hergenröther: Die Kampagne hat 2008 in Zusammenhang mit dem Stadtjubiläum der Stadt München begonnen. Initiatoren waren der Bayerische und der Münchner Flüchtlingsrat sowie die Kammerspiele und das Flüchtlingshilfswerk Refugio. Die Idee war, die Aufnahme von 850 Flüchtlingen zu fordern und im Gegenzug 850 ehrenamtliche PatInnen zu finden, die das Anliegen unterstützen und sich bereit erklären, den Flüchtlingen bei der Integration und beim Start ins neue Leben zu helfen. Ziel ist es, ein Zeichen zu setzen und zu zeigen, dass in der Bevölkerung die Bereitschaft besteht, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Wir hoffen durch den Einsatz der PatInnen und durch die große Öffentlichkeit zu bewirken, dass Deutschland sich an dem Resettlement-Programm der UNO beteiligt.

Was ist das Resettlement-Programm?
Resettlement bedeutet eine regelmäßige, wiederholte und dauerhafte Aufnahme eines festgelegten Flüchtlingskontingents. Die Flüchtlinge haben von Ankunft an eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Dabei werden sie nicht aus ihren Herkunftsländern herausgeholt, sondern aus den überlasteten Nachbarländern, in die sie geflohen sind, im Fall der Iraker sind das Syrien und Jordanien. Diese meist armen Aufnahmeländer sollen dadurch entlastet werden. Die Aufnahme der Iraker in Deutschland ist bisher lediglich eine einmalige Geschichte und der Aufenthalt vorerst auf drei Jahre beschränkt. Daher handelt es sich noch nicht um ein Resettlement im Sinne der UN.

Wie groß ist die Bereitschaft der Bevölkerung, sich zu engagieren?
Ziemlich groß, was man allein schon an den 1019 PatInnen sieht, die sich bisher bei »save me münchen« registriert haben. Bundesweit hat die Kampagne inzwischen über 4000 Unterstützer. Zusätzlich zu den PatInnen kommen immer wieder Kindergärten, Schulen, Firmen auf uns zu, die ein Projekt mit den Flüchtlingen machen wollen. Wir haben den Eindruck, dass sich durch die Niederschwelligkeit von »save me münchen« viele Menschen interessieren, die sonst mit dem Thema Flüchtlinge nicht viel am Hut haben. Über das vergleichsweise »einfache« Engagement erfahren sie dann von Flüchtlingen, die im Asylverfahren stecken, und engagieren sich auch in dieser Richtung, während sie normalerweise vor dem Thema Asyl und den damit verbundenen Schwierigkeiten der Flüchtlinge gegenüber den Behörden und dem Frust der Helfenden abgeschreckt worden wären.

Was für Niederlagen und was für Erfolge gab es bisher?
Von Niederlagen kann keine Rede sein. Seit Begründung der Kampagne hat sich unglaublich viel getan. Über 40 Städte haben inzwischen eine lokale Kampagne, 17 Kommunen haben einen Beschluss zur Aufnahme von Flüchtlingen verfasst und in Schleswig-Holstein gibt es den ersten landesweiten Beschluss.

In München zeigt sich, dass durch das Projekt das Thema Flüchtlinge auf positive Art und Weise in die Öffentlichkeit gelangt. Der Schwerpunkt der Berichterstattung liegt auf Integration und Begegnung. Die PatInnen, die den Irakern zur Seite stehen, helfen auch immer wieder Flüchtlingen, die im Asylverfahren stecken, sei es durch Begleitungen oder sei es durch Wohnungssuche. Der Erfolg von »save me münchen« zeigt, was möglich ist, wenn Flüchtlingen ein Pate zur Seite steht. Die ersten Schritte in München sind für sie viel einfacher zu bewältigen, sie kommen leichter an Informationen, bekommen Kontakt zu potenziellen Arbeitgebern und Vermietern, können ihr Deutsch üben und lernen zudem etwas über unsere Kultur. Fragen: Rudolf Stumberger

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