Ein Warenhaus für Spenden
Projekt am Groß-Berliner Damm in Treptow-Köpenick erfreut sich regen Zuspruches
Zwei Eingänge neben dem Jobcenter Treptow-Köpenick am Groß-Berliner Damm 73c macht eine Einrichtung mit einem ungewöhnlichen Namen auf sich aufmerksam. Spendenwarenhaus steht in großen Lettern an den Milchglasscheiben der Räume im Erdgeschoss. Dahinter verbirgt sich ein Projekt, das seit seinem Start im Juni dieses Jahres einen stetig wachsenden Zuspruch verzeichnet. Allein in einem Monat besuchten 1310 Interessenten, darunter 176 neue Kunden, das Haus, dessen Träger die GFS (Fachschule für Steuern, Recht und Wirtschaft) ist.
Claus Tischendorf, Projektleiter hier in Johannisthal, koordiniert die Tätigkeit von 20 Schwerstbehinderten sowie MAE-Arbeitskräften, die über das benachbarte Jobcenter vermittelt und gefördert werden. Die Idee für das Spendenwarenhaus ist einfach: Unternehmen und Privatpersonen können alles, was rund um den Haushalt benötigt wird, von Möbeln über Kühlschränke und Fernseher bis hin zu Kleidung, Geschirr und Bücher, unentgeltlich abgeben oder abholen lassen. Diese Spenden wiederum werden an Bedürftige, die das nachweisen können, ebenfalls kostenlos weitergegeben.
Das Ganze, weiß Claus Tischendorf, sieht leicht aus, erfordert jedoch einen großen Arbeitsaufwand, eine abgestimmte Koordination und Logistik. Im Oktober kamen zum Beispiel 3889 einzelne Spenden herein und 3335 gingen raus. Die Mitarbeiter, unter ihnen drei Taubstumme, müssen im Prinzip alle dabei anfallenden Arbeiten erledigen. Dazu gehört, so Teamleiter Hartmut Fritsche (56), der ebenfalls behindert ist, die Annahme und Erfassung der Spenden, wenn notwendig deren Transport, die Lagerhaltung und die Präsentation im Ausstellungsraum. Ganz besonders wichtig sei die Bewertung der Spenden nach einem Punktesystem.
Kunden, die sich mit ALG 2-Bewilligungsbescheid und Personaldokument ausgewiesen haben, werden registriert und erhalten pro Monat ein Guthaben von 100 Punkten (Erwachsene) bzw. 150 Punkten (Alleinerziehende mit Kindern), die bei Nichtinanspruchnahme verfallen. Ein großer Kühlschrank oder ein Fernseher schlagen zum Beispiel mit 80 Punkten zu Buche, Geschirr gibt es schon ab fünf Punkte. Die angebotenen Spenden waren vor ihrer Annahme sorgfältig geprüft worden, Möbel vor Ort, wo sie abgeholt werden sollen.
Dafür werden in dem Projekt die Ein-Euro-Jobber (MAE) beschäftigt, die in der Regel auch schwerere Arbeiten verrichten können. »Bedürftige«, betont der Projektleiter, »sind nicht Leute, die jeden Ramsch nehmen müssen.« Kommen kann jeder, es gibt keine territorialen Einschränkungen. Missbräuchen, wenn z. B. eine Familie innerhalb kurzer Zeit fünf Schrankwände haben möchte, versucht man allerdings einen Riegel vorzuschieben.
Die im Spendenwarenhaus angebotenen Tätigkeiten sollen die Mitarbeiter auf den ersten Arbeitsmarkt vorbereiten. Die GSF versucht in dem zunächst auf ein Jahr ausgelegten Projekt 20 Prozent in reguläre Arbeitsverhältnisse zu bringen. Am Groß-Berliner Damm will sie einen Arbeitsplatz für Erblindete einrichten und bittet dabei um Unterstützung von Unternehmen. Ein großes Handicap besteht in der fehlenden Erreichbarkeit des Spendenwarenhauses durch öffentliche Verkehrsmittel – der einzige Bus fährt nur zeitweise – und in fehlenden Parkmöglichkeiten.
Das Spendenwarenhaus ist montags, dienstags, donnerstags und freitags von 9 bis 15 Uhr geöffnet. www.gfs-fachschule.de/Projekte
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