Mehr Drohung als Hoffnung

Die Galerie im Palais am Festungsgraben zeigt Walter Womackas »Berliner Bilder«

  • Volkmar Draeger
  • Lesedauer: 3 Min.
Nobel: OB Arthur Werner, 1987
Nobel: OB Arthur Werner, 1987

Seit gut 55 Jahren lebt Walter Womacka in Berlin. Da entwickeln sich Heimatgefühl und Interesse für die Historie eines Ortes. Sein Freundeskreis schenkte ihm nun zum 84. Geburtstag eine Ausstellung im Palais am Festungsgraben. In 25 Werken, von der großformatigen Stadtlandschaft bis zum kleinen Porträt, vom Ölbild bis zur Zeichnung, bezeugt sie Womackas Berlin-Bezug und ist doch nur eine Auswahl seiner »Berliner Bilder«, so der Titel. Fast ein halbes Jahrhundert des Schaffens umfassen sie und stehen für energiegeballte Kompositionen und unstrittiges malerisches Handwerk.

Aus öffentlichem und privatem Besitz hat der Freundeskreis seine zehnte Womacka-Ehrung bestückt. Gleich am Eingang sticht aus einem 150 mal 250 Zentimeter messenden Stadtpanorama von 1982 der Fernsehturm in einen gewitterdräuenden Himmel. Der Blick schweift weit über die Spree auf das neue Zentrum Ost von erhöhter Perspektive, wie auch bei vielen anderen Arbeiten. Bei aller künstlerischen Freiheit wirkt die Darstellung wohltuend wenig beschönigend. »Berlin-Mitte 45« von 2000 erinnert vielleicht bewusst an das Inferno grauer Ruinen unter düsteren Wolken; dass sie weiß aufreißen, ist mehr Drohung als Hoffnung.

Ein Triptychon von 1977/82 nimmt den Kontrast eindrücklich auf. Tafel 1 zeigt die zerstörte Stadt von unendlicher Ausdehnung. Im Vordergrund hängt hoch oben und wie in stummem Schrei ein amputierter Putto als Gekreuzigter an zerborstenem Stahlträger. An Grünewald gemahnen die schwärende Farbgebung und die Wucht der Darstellung. Durch Baugerüste sieht man im Mittelstück auf das Halbrund der neuen Stadtmitte, links emsig schaffende Arbeiter, rechts ihre Requisiten: Helm, Handschuh, Kranhaken.

Gedrängt und weniger fortschrittsgewiss als auf manchem Monumental-Womacka fügen sich auf dem rechten Flügel acht Behelmte. Verschwimmend flächig erscheint das »Alte Zentrum Berlin« auf einer Gouache von 1961; Aquarelle halten den »Aufbau der Karl-Marx-Allee II« in seinem drangvollen Tun respektive, knapp vier Jahrzehnte später, die »Baustelle an der Friedrichwerderschen Kirche« fest, wo eine hellrote Leitung quer über die Straße gegen das Dunkelrot der Kirche steht.

Nobel fallen Womackas Porträts aus. »OB Dr. Arthur Werner« von 1987, Teil einer Auftragsserie, sitzt als würdiger Senior in seinem Lehnstuhl, mit hell aufgeworfenen Händen, »Hans Wall« lächelt als tatvoller Mann vor taubenblauem Hintergrund aus dem Schwarz seines Hemds. Auch der architekturgebundenen Arbeiten Womackas gedenkt die Ausstellung: Glasfenster für Staatsrat und Humboldt-Universität, Mosaik-Fries von 125 Metern Länge am Haus des Lehrers, Brunnen auf dem Alexanderplatz, Metallreliefwand am Haus des Reisens.

Zwei Bilder enthüllen den zornigen Maler. »Rückbau« von 1996 zeigt den Abriss des Außenministeriums, als sei die Welt aus den Fugen: Im Zentrum zerkleinern Bagger auf einem Schuttberg gerade die Reste von Womackas Wandgestaltung. Zutiefst ironisch ist »Endlich frei…« von 1993. Ein Nackter durchschreitet mit verbundenen Augen die bunt bemalte, soeben gesprengte Mauer; nackt und grotesk sexy in Grosz-Art folgen ihm Menschen mit entfesselten Gesichtern. Ein Kommentar zum Mauerfall in düsterem Pink: freilich eines ehedem Privilegierten.

Bis 22.12., Mi.-So. 13-19 Uhr, Palais am Festungsgraben, Am Festungsgraben 1, Mitte, Infos unter www.fkww.de

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