Irak versteigert öliges Tafelsilber
Felder gingen an internationale Konzerne
Irak braucht dringend frisches Geld, um die Wirtschaft anzukurbeln. Deshalb versteigerte die Regierung nun das Gewinnbringendste, was der Staat hat: die Förderlizenzen für viele irakische Öl- und Gasfelder.
»Die Terroristen wollten mit den Bombenexplosionen eine Botschaft an die (Öl-)Konzerne senden, aber sie ist nicht angekommen und wird sie (die Konzerne) nie in die Irre führen.« So der irakische Ölministers Hussein al-Scharistani, als er am Freitag Öl- und Gasfelder seines Landes versteigerte. Drei Tage vor dem Großereignis, zu dem 44 internationale Ölkonzerne Unterhändler geschickt hatten, waren bei Explosionen in Bagdad über 120 Menschen getötet und Hunderte verletzt worden.
Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres versteigerte al-Scharistani irakisches Tafelsilber. Im Juni waren acht Felder unter den Hammer gekommen, von denen aber nur eines ersteigert wurde – vom Ölmulti BP. Nun waren 15 Felder in Süd-, Zentral- und Nordirak im Angebot, darunter die besonders ertragreichen Felder von Qurna, Rumailah, Majnoon und Halfaya im Süden nahe der Grenze zu Iran. Die anderen angebotenen Felder befinden sich im Osten und Norden (südlich von Mossul) sowie im Zentrum des Landes.
Während der zweitägigen Auktion fanden sieben Felder Abnehmer, darunter die britische Shell, die künftig gemeinsam mit dem malaysischen Petronas-Konzern in Majnoon Öl fördern darf. Exxon Mobile ersteigerte West Qurna 1, die russische Lukoil mit ihrem norwegischen Partner StatoilHydro West Qurna 2. Die bei Mossul gelegenen Felder gingen an den angolanischen Konzern Sonangol.
Die Verträge mit einer Laufzeit von 20 Jahren sehen vor, dass die Ölkonzerne in die Felder investieren und von der Förderung pro Barrel jeweils einen festgelegten US-Dollar-Betrag erhalten, der Rest fließt in den irakischen Haushalt. Die Regierung will so die Wirtschaft ankurbeln und den Etat vergrößern, der zu 85 Prozent vom Öl abhängt. Derzeit liegt die Tagesproduktion irakischer Ölfelder bei etwa 2,5 Million Barrel, das Förderziel gibt die Regierung mit 12 Million Barrel an. Die Gesamtölvorkommen in Irak werden auf 115 Milliarden Barrel geschätzt, nach Saudi-Arabien und Iran die drittgrößten weltweit.
Wenn die Konzerne mit der Arbeit beginnen, würden bis 2015 bis zu 40 000 Arbeitsplätze entstehen, so die Regierung. Unmengen von Stahl werden gebraucht, Leitungen und Pipelines müssen verlegt werden. Ob Iraker davon profitieren, sei aber fraglich, meint Hassan Juma Awad, Führer der Ölgewerkschaft von Basra. Vom Ölreichtum der vergangenen Jahre, als der Preis pro Barrel teilweise 100 US-Dollar erreichte, sei bei den Menschen in Basra nur wenig angekommen. Sie seien »wie ein Kamel, das Gold transportiert aber mit Dornen gefüttert wird«.
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