Wo Leben bei null anfängt
Marzahner Obdachlosenheim steht für Neuanfang
Vor fünf Jahren wurde in der OttoRosenberg-Straße in Marzahn das Obdachlosenheim der Neustart GmbH eröffnet. Der Name steht für einen Neuanfang für Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen ihre Wohnungen verloren haben. Inzwischen ist die Zahl der Bewohner auf 253 angewachsen. Darunter sind viele Familien mit Kindern arabischer und asiatischer Herkunft. Andere kommen aus den GUS-Staaten. Der überwiegende Teil sind Deutsche. »Wir kommen gut miteinander aus und sind wie eine große Familie«, erzählt Hausherrin Sabine Wiesenthal. Natürlich gebe es auch Streitigkeiten.
Doch vor einigen Tagen eskalierte die Situation. Ein Mann stach den anderen im Alkoholrausch nieder. »Wir kümmern uns sehr um unsere Schützlinge, aber wir können nicht vor jeder Tür stehen«, so die Heimleiterin. »Derartiges ist bei uns bisher nicht vorgekommen.« Man merkt, dass ihr der Vorfall zu schaffen macht.
»So etwas kann überall passieren«, meint Bürgermeisterin Dagmar Pohle (LINKE). Im Gegensatz zu anderen privaten Häusern genieße die GmbH einen guten Ruf. Die neue Sozialsenatorin Carola Bluhm (LINKE) ließ sich durch das Haus führen und hörte sich die Sorgen der Bewohner an. Beispielsweise versuchte eine alleinstehende libanesische Mutter vergebens, ihre Sprösslinge in einer der Marzahner Grundschulen unterzubringen. Angeblich sei alles voll. »Wir haben im Grundschulbereich Platzprobleme. Das heißt aber nicht, dass es keine Lösung gibt«, sagt Dagmar Pohle und will noch einmal nachhaken. »Viele fangen hier von Null an. Wir versuchen, ihnen zu helfen, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen«, sagt Geschäftsführer René Grap. Sozialarbeiter begleiteten die Bewohner, die zumeist von Hartz IV lebten, auf die Ämter und wenn nötig, teilten sie ihnen auch das Geld ein oder stünden ihnen bei der Wohnungssuche zur Seite.
In der Regel ist der Verbleib im Heim für ein halbes Jahr vorgesehen. Aber manch einer will gar nicht mehr weg wie Matthias S. Den schlanken Mann trifft man in der Gemeinschaftsküche beim Kochen. Er könnte sich das Essen auch in seiner Wohnung zubereiten, aber in Gesellschaft mache es ihm mehr Spaß. »Wenn mir danach zu Mute ist, kann ich allein sein, andererseits in den Clubraum gehen oder mich mit den Sozialarbeitern unterhalten«, erzählt der 47-Jährige. Er kam vor vier Jahren ins Heim. Wegen Mietschulden stand der Langzeitarbeitslose vor dem Rausschmiss aus seiner damaligen Wohnung in Neukölln. Jetzt fürchtet er sich vor dem Leben außerhalb der schützenden Mauern.
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