»Charme des Alten« statt guter Sicht

Baumaßnahmen zur Sanierung der Staatsoper beginnen im September 2010

  • Lesedauer: 3 Min.

(dpa/ND). Die Berliner Staatsoper Unter den Linden wird für eine bessere Akustik ausgebaut. Dabei soll die Decke um vier Meter gehoben und somit das Raumvolumen deutlich vergrößert werden, teilte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher am Montag in Berlin mit. Die Arbeiten unter Leitung des Architekten HG Merz haben einen Etat von 239 Millionen Euro und sollen im September 2010 beginnen. Bis zur Wiedereröffnung im Oktober 2013 zieht die Staatsoper in das Schiller Theater. Ein erstes Projekt, das die komplette Modernisierung des Saales vorgesehen hatte, war vergangenes Jahr nach einer Protestwelle von Traditionalisten am Veto des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) gescheitert.

Die Sanierung, bei der die Bühnentechnik für 50 Millionen Euro erneuert wird, soll sich eng an den Entwurf des Architekten Richard Paulick (1876-1952) halten. Unter Paulicks Regie war das Haus nach dem Krieg wieder aufgebaut worden. Von den Baukosten trägt der Bund 200 Millionen Euro.

Mit einer Galerie ohne Sitze zwischen dem dritten Rang und der Decke soll das Raumvolumen von zur Zeit 6500 auf 9500 Kubikmeter ausgebaut werden. Damit soll der Nachhall des Klanges von zur Zeit 1,1 Sekunden ohne Einsatz von elektronischer Verstärkung auf 1,6 Sekunden erweitert werden. Ein vierter Rang hätte die akustischen Bedingungen nicht verbessert, so Merz.

Mit einem größeren Nachhall können einzelne Instrumente deutlicher gehört und die Sänger besser verstanden werden. Generalmusikdirektor Daniel Barenboim hatte für die Staatsoper Klangverhältnisse gefordert, wie sie in anderen internationalen Häusern üblich sind.

Die Sanierung werde sich an den Entwurf Paulicks halten, der die Staatsoper nach dem Original des Baumeisters Georg von Knobelsdorff (1699-1753) wieder aufgebaut hatte. Die Umbauten seien eng mit dem Denkmalschutz abgesprochen, betonte Lüscher. Das Haus soll mit einem schlichteren Dekor wieder an die Ästhetik der 50er Jahre anschließen, die Veränderungen aus den 80er Jahren werden zum Teil rückgängig gemacht, sagte Architekt Merz.

Das Rautenmuster im Stuckwerk der Decken sowie der Lüster sollen beibehalten und die Oberflächen nachgebessert werden. Ausgebaut werden sollen auch die Treppenhäuser, Toiletten und Garderoben. Die Sicht auf die Bühne werde nicht deutlich besser sein, da sonst ein stärkerer Eingriff in den denkmalgeschützten Saal notwendig wäre. »Dafür haben sie den Charme eines alten Hauses«, sagte Merz. Um mehr Platz für die Zuschauer zu schaffen, sollen bis zu 70 der rund 1400 Plätze abgebaut werden.

Zu den Umbauten gehört auch die Erneuerung des Intendanzhauses und des Magazins, in dem die Probesäle untergebracht sind. Das Probenhaus wird über ein neues unterirdisches Bauwerk an den Saal angeschlossen. Dadurch können große Dekorationsteile transportiert und die Umbauphasen auf der Bühne verkürzt werden.

Kulturstaatssekretär André Schmitz betonte, dass »bei der Sanierung neben einem denkmalverträglichen Umgang die Verbesserung der Akustik und des gesamten Opernbetriebes an moderne logistische und technische Standards entscheidend« seien. Er sei optimistisch, dass die »Sanierung der Staatsoper im Zeit- und Kostenrahmen bleiben« werde.

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