S-Bahn-Flotte schmilzt zusammen
Winter legt Türen und Heizungen lahm / Finanzsenator will S-Bahn kaufen
Der Wintereinbruch hat die Situation bei der S-Bahn wie erwartet noch einmal verschärft. Wie schon am Wochenende kam es auch gestern zu zahlreichen Zugausfällen und Verspätungen. Vor allem Antriebs- und Türstörungen machen dem Unternehmen zu schaffen. Die Linie S 9 fährt deshalb bis auf weiteres nicht ab Blankenburg, sondern nur zwischen Treptower Park und Schönefeld, die S 3 nur zwischen Erkner und Ostbahnhof. Wer Richtung Spandau weiterfahren will, muss auf die S 75 umsteigen.
Allerdings kam es gestern Morgen auch auf der S 75 zu Ausfällen, zwischen Wartenberg und Warschauer Straße fuhren die Bahnen nur alle 20 Minuten, erst im Laufe des Vormittags konnte auch hier ein Zehn-Minuten-Takt erreicht werden. Auf der S 5 fuhren die Verstärkerzüge zwischen Hoppegarten und Charlottenburg nur bis Warschauer Straße. Auch bei der S 47 gab es Probleme. Nachdem die Linie am Sonntag aber nur zwischen Schöneweide und Spindlersfeld eingesetzt werden konnte, verkehrte sie gestern wieder bis Südkreuz.
Die Störungen an Türen und dem Antriebssystem seien ein »typisches Winterthema«, sagte ein S-Bahnsprecher. So etwas habe es bei Frost immer gegeben. Doch anders als früher stünden derzeit wegen der zusätzlichen Sicherheitsüberprüfungen keine Reservezüge mehr zur Verfügung, um solche Ausfälle auszugleichen. Die Werkstätten kommen mit der Reparatur nicht nach, obwohl die Mitarbeiter unter Hochdruck arbeiten. Züge mit defekten Türen rangiert die S-Bahn deshalb nicht gleich aus, sofern sie der Fahrer noch verschließen kann. Auch bei defekten Heizungen behilft sie sich mit entsprechenden Hinweisen, »damit der Fahrgast eventuell in einen wärmeren Wagen wechseln kann«, wie es hieß. Hatte die S-Bahn in der vergangenen Woche noch 429 Viertelzüge im Einsatz, waren es gestern nur etwa zwischen 360 bis 380. Für einen normalen Betrieb wären 550 notwendig.
Probleme mit den Weichen, die noch im vergangenen Winter für Chaos gesorgt hatten, gebe es derzeit nicht, betont das Unternehmen. Und hofft ansonsten auf das Wetter: »Wenn die Temperaturen nach oben gehen, werden wir ein bisschen leistungsfähiger«.
Das hängt vor allem auch davon ab, ob das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) die Prüfintervalle für die S-Bahn-Baureihe 481 noch einmal verkürzt. Eine Entscheidung wurde bereits für gestern erwartet, lag aber bei Redaktionsschluss dieser Seite noch nicht vor. Messfahrten hatten ergeben, dass die Radscheiben dieser Fahrzeuge weniger fest sind, als vom Hersteller angegeben. Sollten die Fristen verkürzt werden, müssten weitere S-Bahn-Wagen aus dem Verkehr gezogen werden. Nur eine Formalität scheint dagegen die Verlängerung der Betriebserlaubnis für die S-Bahn durch das EBA zu sein. Die derzeitige gilt nur noch bis 31. Dezember.
»Das befürchtete Winterchaos bei der S-Bahn ist eingetreten«, kommentierte der CDU-Verkehrsexperte Oliver Friederici die Situation und stellte die Frage, mit welchen Entschädigungen die S-Bahn-Fahrgäste diesmal rechnen könnten. Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) brachte indes frühere Überlegungen wieder ins Gespräch, wonach das Land Berlin die S-Bahn kaufen und mit den BVG zusammenlegen sollte. Die Bahn hat diese Kaufofferte des Senats bisher zurückgewiesen.
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