Mit Knuff und Witz in Canossa begrüßt

Die Theaterfusion im Nordosten kommt voran

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.
Aus Kostengründen sollen sich die Theater in Mecklenburg-Vorpommern zu zwei »Kulturräumen« zusammenschließen. Lange gab es Widerstand, aber nun sind die Dämme gebrochen.

Der Kultusminister war eigens angereist, als das Greifswalder Theater, die Neubrandenburg-Neustrelitzer Theatergesellschaft und die Anklamer Landesbühne ihren Kooperationsvertrag unterschrieben. Die Szene muss etwas Klassisches gehabt haben.

»Man kann ja auch einsichtiger werden«, flötete danach der Anklamer Intendant Wolfgang Bordel, der die vom Minister betriebenen Theaterfusionen zu zwei »Kulturräumen« im Westen und Osten des Landes lange erbittert bekämpft hatte. Laut »Nordkurier« wurde Bordel von Minister Henry Tesch (CDU) mit einem »freundschaftlichen Knuff« in Canossa begrüßt – nebst Herrenwitz: »Das nennt man weise.«

Prägnanter hätte kein Regisseur auf die Bühne bringen können, was sich in der Theaterlandschaft Nordost noch kurz vor Jahresende ereignet hat: Die Mauern sind sturmreif geschossen. Knapp 40 Millionen Euro jährlich gibt das Land für die Theater aus, die Summe soll bis 2020 eingefroren werden. Auf längere Sicht ist das ein einschneidendes Sparprogramm, das durch »Synergien« und Stellenabbau wahr werden soll. Lange gab es Widerstand, jetzt triumphiert Tesch. »Machtpolitisch hat er sich durchgesetzt«, sagt Linkspolitiker Torsten Koplin, Kulturexperte seiner Fraktion.

Vorvergangene Woche hatte der Minister ein Sonderangebot gemacht. Anklam etwa darf im Konglomerat Greifswald-Neubrandenburg-Neustrelitz zunächst eine gewisse Eigenständigkeit wahren.

Vor allem aber fällt der Hammer woanders: Das Rostocker Volkstheater erfuhr bei der Gelegenheit von einer Kürzung um knapp eine Million. Bei laufendem Spielbetrieb. Dabei hatte es sich bei der Kulturraumbildung West jüngst engagiert und dem jetzt recht alleine dastehenden Schwerinern die »Kooperation« mit Parchim weggeschnappt. Bis auf Weiteres ist nicht absehbar, wie es zwischen dem Haupt- und dem Großstadttheater zur vorgesehenen Kooperation im Westen kommen soll.

Allerdings fehlt auch in Neubrandenburg eine Theater-Million: Die Stadt will ihren Anteil um fast ein Drittel kürzen. Ihr Haushalt wird argwöhnisch vom Innenministerium geprüft. Aber das ist eine andere Geschichte.

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