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Vermittler
Jürgen Chrobog - Der 69 - jährige Ex-Staatssekretär des Auswärtigen Amtes vermittelt in Jemen
Wie nahe dem studierten Juristen, der als deutscher Ex-Spitzendiplomat hinreichend Erfahrungen mit so mancher heiklen Mission hat, die Vermittlung um die Freilassung der in Jemen verschleppten Familie aus Sachsen gehen dürfte – das weiß vermutlich nur er selbst. Denn Chrobog – einst enger Berater der Chefs im Auswärtigen Amt Hans-Dietrich Genscher und Klaus Kinkel (beide FDP) und später bis zu seiner Pensionierung Staatssekretär bei Joschka Fischer (Grüne) – kann vermutlich ahnen, wie schlecht es dem seit Juni verschwundenen Ehepaar und seinen drei Kindern gehen muss. Er wurde schließlich genau vor vier Jahren – auch in Jemen – gemeinsam mit seiner Ehefrau und den drei Söhnen selbst Opfer einer Entführung. Leicht dürfte ihm darob die Reise in den Jemen nicht gefallen sein.
Das Drama um die Chrobogs war allerdings nach wenigen Tagen beendet, während die Geiselnahme der fünfköpfigen sächsischen Familie schon über ein halbes Jahr andauert. Auch wenn kurz vor Weihnachten ein Video auftauchte, auf dem die Kinder der in einem Krankenhaus einer niederländischen Hilfsorganisation in der Provinz Saada arbeitenden Eltern zu sehen sein sollen – nach dem gewaltsamen Tod dreier Frauen, die gemeinsam mit der Familie entführt worden waren, bleibt ihr Schicksal ungewiss.
Chrobog, der als Sprecher des Auswärtigen Amtes unter den in Bonn versammelten damaligen Hauptstadt-Journalisten als uneitler, bescheidener und sachkundiger Gesprächspartner galt, ist durch seine Arbeit in Botschaften in New York, Singapur und Brüssel zu internationalem Renommee gelangt. Sechs Jahre war er Chef von Deutschlands wichtigster Botschaft in Washington, die 2001 wegen der sogenannten Protokollaffäre in die Schlagzeilen geriet. Durch Indiskretion waren Einzelheiten von Chrobogs Protokoll des ersten vertraulichen Gespräches zwischen Kanzler Gerhard Schröder (SPD) und US-Präsident George Bush an die Öffentlichkeit gelangt. Das Flügelschlagen der Union hat Chrobog vermutlich längst vergessen. Wohl auch, weil den seinen Rücktritt fordernden Michael Glos (CSU) die Kanzlerin inzwischen in die Wüste geschickt hat. Und der fast 70-jährige Chrobog als Vermittler nach wie vor gefragt ist. Gabriele Oertel
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