Lass uns ein Wunder sein
Rio Reiser zum 60. – eine Erinnerung in Liedfragmenten
RIO REISER, am 9. Januar 1950 geboren als Ralph Christian Möbius in Berlin (West), gestorben am 20. August 1996 in Fresenhagen, war Sänger, Komponist, Texter und Schauspieler. Seine Band Ton Steine Scherben (1970–1985) stand für den Kampf um ein herrschaftsfreies, selbstbestimmtes Leben, ihre frühen deutschsprachigen Lieder begleiteten Hausbesetzungen und politische Demonstrationen. Mit dem Rückzug der Band auf einen Bauernhof in Nordfriesland ging eine Abkehr vom reinen Agit-Rock einher, es entstanden mehr sehnsuchtsvolle, melancholische Lieder. Nach der Auflösung der Gruppe trat Reiser als Solokünstler auf, seine bekanntesten Lieder: »König von Deutschland« und »Junimond«. Legendär war Reisers Gastspiele in der Ost-Berliner Werner-Seelenbinder-Halle im Oktober 1988. Nach der Wende trat der schwule Musiker der PDS bei und unterstützte deren Wahlkampf.
Wenn ich nach Hause komme, sitzt da ein alter Typ, der meint, er ist mein Vater, und ich glaub auch, dass er's ist. Aber ich will nicht werden, was mein Alter ist. Ich möchte aufhören und pfeifen auf das Scheißgeld. Ich weiß, wenn das so weitergeht, bin ich fertig mit der Welt. Ich will nicht rennen, wenn alle rennen. Ich will nicht pennen, wenn alle pennen. Ich will nicht schweigen, weil alle schweigen. Will mich nicht beugen, weil sich alle beugen. Ich will mich nicht bücken vor dem weißen Kragen. Und ich will eine Antwort auf meine Fragen. Und ich will nicht folgen, weil sie es befehlen. Und wenn ich wähle, will ich mich selber wählen.
Warum geht es mir so dreckig, was kann ich allein dagegen tun?
Allein machen sie dich ein, schmeißen sie dich raus, lachen sie dich aus, und wenn du was dagegen machst, sperren sie dich in den nächsten Knast. In dem Land, in dem wir wohnen, sind aber ein paar Millionen. Wenn wir uns erstmal einig sind...
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