Gelassenheit beim Gewerkschaftsstreit

Beamtenbund weiß noch nicht, wie er mit den Folgen eines Gerichtsurteils umgehen soll

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Spitze des Beamtenbundes möchte die Bildung einer neuen DGB-Verkehrsgewerkschaft verhindern. Deren Chancen sind freilich gestiegen.

Wenn die Spitzenfunktionäre des Deutschen Beamtenbunds (DBB) ab Sonntag in Köln bei ihrer gewerkschaftspolitischen Jahrestagung über »Europa nach Lissabon« und die kommende Tarifrunde für den Öffentlichen Dienst beraten, dann dürfte am Rande auch der Zwist der DBB-Bundesspitze mit der Bahngewerkschaft GDBA eine Rolle spielen. Die GDBA, die sich bis Jahresende mit der DGB-Organisation Transnet zu einer neuen Verkehrsgewerkschaft zusammenschließen möchte, hatte sich erfolgreich gegen den Rauswurf aus dem Beamtenbund und die damit verbundenen Maßnahmen gewehrt. Nach einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Berlin kurz vor Weihnachten musste die DBB-Spitze der GDBA umgehend wieder den Zugriff auf ihre eigene Website und auf die Mitgliederdaten im Intranet ermöglichen. »Diese Ohrfeige an die Adresse des DBB-Vorsitzenden Peter Heesen hat gesessen«, kommentierte GDBA-Chef Klaus-Dieter Hommel die Entscheidung.

Somit darf Hommel, der von einer Sitzung des DBB-Bundesvorstands Mitte Dezember ausgesperrt war, nun wieder ganz offiziell an der Kölner DBB-Arbeitstagung teilnehmen, wenn er es denn will. »Niemand ist ausgeladen«, heißt es beim Beamtenbund.

Am 18. Januar soll eine ausführliche mündliche Verhandlung vor dem Berliner Landgericht stattfinden. Insider schließen nicht aus, dass die DBB-Bundesleitung gegen ein für sie ungünstiges Urteil in Berufung gehen wird.

Der DBB-Bundesvorstand hatte Mitte Dezember die GDBA-Mitglieder in persönlichen Anschreiben zum Austritt aufgefordert und in einer Pressemitteilung die Gründung einer neuen, DBB-treuen Bahngewerkschaft »in diesen Tagen« angekündigt. Davon ist bislang aber nichts zu sehen. Das »Projekt Neugründung« sei nach der Gerichtsentscheidung »eingefroren«. Derzeit gebe es »keinen Aktionismus, um die neue Bahngewerkschaft voranzutreiben«, erklärte eine DBB-Sprecherin am Freitag auf ND-Anfrage.

Die GDBA hat indes den Bundesdatenschutzbeauftragten angeschrieben und erwägt eine Strafanzeige wegen vermuteten Datenmissbrauchs durch die DBB-Spitze. Etliche Mitglieder hätten auch private Datenschutzklagen erwogen, berichtete eine GDBA-Sprecherin in Frankfurt am Main.

Hinter vorgehaltener Hand regt sich nun unter im DBB-Bundesvorstand und in mehreren Landesbünden Kritik an Heesens Konfrontationskurs. Gelassener und emotionsloser sieht man den Konflikt derweil auch im rheinland-pfälzischen DBB: »Wir beobachten die juristischen Ränkespiele auf Bundesebene mit Gelassenheit«, erklärte ein Sprecher der Mainzer Landeszentrale. Mehrere GDBA-Funktionäre seien auf Landesebene nach wie vor in DBB-Gremien vertreten.

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