Gelassenheit beim Gewerkschaftsstreit
Beamtenbund weiß noch nicht, wie er mit den Folgen eines Gerichtsurteils umgehen soll
Wenn die Spitzenfunktionäre des Deutschen Beamtenbunds (DBB) ab Sonntag in Köln bei ihrer gewerkschaftspolitischen Jahrestagung über »Europa nach Lissabon« und die kommende Tarifrunde für den Öffentlichen Dienst beraten, dann dürfte am Rande auch der Zwist der DBB-Bundesspitze mit der Bahngewerkschaft GDBA eine Rolle spielen. Die GDBA, die sich bis Jahresende mit der DGB-Organisation Transnet zu einer neuen Verkehrsgewerkschaft zusammenschließen möchte, hatte sich erfolgreich gegen den Rauswurf aus dem Beamtenbund und die damit verbundenen Maßnahmen gewehrt. Nach einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Berlin kurz vor Weihnachten musste die DBB-Spitze der GDBA umgehend wieder den Zugriff auf ihre eigene Website und auf die Mitgliederdaten im Intranet ermöglichen. »Diese Ohrfeige an die Adresse des DBB-Vorsitzenden Peter Heesen hat gesessen«, kommentierte GDBA-Chef Klaus-Dieter Hommel die Entscheidung.
Somit darf Hommel, der von einer Sitzung des DBB-Bundesvorstands Mitte Dezember ausgesperrt war, nun wieder ganz offiziell an der Kölner DBB-Arbeitstagung teilnehmen, wenn er es denn will. »Niemand ist ausgeladen«, heißt es beim Beamtenbund.
Am 18. Januar soll eine ausführliche mündliche Verhandlung vor dem Berliner Landgericht stattfinden. Insider schließen nicht aus, dass die DBB-Bundesleitung gegen ein für sie ungünstiges Urteil in Berufung gehen wird.
Der DBB-Bundesvorstand hatte Mitte Dezember die GDBA-Mitglieder in persönlichen Anschreiben zum Austritt aufgefordert und in einer Pressemitteilung die Gründung einer neuen, DBB-treuen Bahngewerkschaft »in diesen Tagen« angekündigt. Davon ist bislang aber nichts zu sehen. Das »Projekt Neugründung« sei nach der Gerichtsentscheidung »eingefroren«. Derzeit gebe es »keinen Aktionismus, um die neue Bahngewerkschaft voranzutreiben«, erklärte eine DBB-Sprecherin am Freitag auf ND-Anfrage.
Die GDBA hat indes den Bundesdatenschutzbeauftragten angeschrieben und erwägt eine Strafanzeige wegen vermuteten Datenmissbrauchs durch die DBB-Spitze. Etliche Mitglieder hätten auch private Datenschutzklagen erwogen, berichtete eine GDBA-Sprecherin in Frankfurt am Main.
Hinter vorgehaltener Hand regt sich nun unter im DBB-Bundesvorstand und in mehreren Landesbünden Kritik an Heesens Konfrontationskurs. Gelassener und emotionsloser sieht man den Konflikt derweil auch im rheinland-pfälzischen DBB: »Wir beobachten die juristischen Ränkespiele auf Bundesebene mit Gelassenheit«, erklärte ein Sprecher der Mainzer Landeszentrale. Mehrere GDBA-Funktionäre seien auf Landesebene nach wie vor in DBB-Gremien vertreten.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.