IHK will Begriff »Advent« abschaffen

Die Wirtschaft hält an zehn verkaufsoffenen Sonntagen fest / Anhörung im Abgeordnetenhaus

  • Andreas Heinz
  • Lesedauer: 3 Min.

Wie weiter, nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVG) das bundesweit liberalste Ladenschlussgesetz in Berlin gekippt hat? Die Richter hatten nach einer Klage der Kirchen in ihrem Urteil beanstandet, dass die Geschäfte in der Hauptstadt an allen vier Adventssonntagen geöffnet haben durften. Eine Novellierung des Ladenöffnungsgesetzes diskutierten Vertreter von Handel, Gewerkschaft und Kirche gestern bei einer Anhörung vor dem Wirtschaftsausschuss im Abgeordnetenhaus. Dabei wurde eines schnell deutlich: die Wirtschaft will an der bisherigen Regelung von zehn verkaufsoffenen Sonntagen pro Jahr festhalten.

Der »liberale Kern« des Ladenöffnungsgesetzes müsse erhalten bleiben, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes, Nils Busch-Petersen. Er machte darauf aufmerksam, dass sich das Gericht nicht an den Adventssonntagen gestört habe, sondern an der »Blockbildung«. Dadurch ist nach Überzeugung der Richter aus der Ausnahme eine Regel entstanden. Der Chef des Handelsverbandes schlug vor, die beanstandeten Sonntage zu entzerren.

Diese Meinung vertrat auch Jochen Brückmann, bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) verantwortlich für Infrastruktur und Stadtentwicklung. Er ging mit seinem Vorschlag sogar noch weiter: »Wir schaffen bei den betreffenden Wochenenden den Begriff Advent ab und reden nur noch von verkaufsoffenen Sonntagen«. Und da könnten die ersten beiden Sonntage im Dezember genügen. Aber schließlich müsse Berlin als Metropole auch von seinen Einkaufsmöglichkeiten für Touristen attraktiv bleiben. Deshalb wünsche man sich bei der IHK ein liberales und praxisnahes Gesetz.

»Der Schutz des Sonntags ist kein antiquiertes Gesetz der Kirche, sondern dient dem Allgemeinwohl«, argumentierte Ulrich Seelemann, der Präsident des Konsistoriums der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO). Dabei verwies Seelemann auf zwei Punkte in der Begründung des Gerichts: Ein »Shopping-Interesse« von Berlin-Besuchern könne ebenso wenig Grund für eine Ausnahmeregelung sein wie die Meinung des Senats, dass es sich bei der Hauptstadt schließlich um eine Metropole handele. Die zuständige Senatsverwaltung müsse jeden Ausnahmegrund einzeln prüfen. Auch Roland Tremper, Geschäftsführer bei der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, verwies auf die Meinung der Richter, dass die Sonntagsruhe die Regel bleiben müsse.

Verbraucherschutzsenatorin Katrin Lompscher (LINKE) sagte dazu, der Senat wolle zügig einen Änderungsvorschlag vorlegen. Zuvor solle deswegen mit Handel, Gewerkschaften und Kirchen gesprochen werden. Auch im Streit um die Öffnungszeiten im Hauptbahnhof müsste der Gerichtsentscheid beachtet werden. Es sei richtig, dass inzwischen 18 der 80 Geschäfte in den Passagen sonntags nicht mehr öffnen dürfen. Laut Ladenöffnungsgesetz ist sonntags allein der Verkauf von Reisebedarf zulässig.

Mit den Stimmen der rot-roten Koalition vertagte der Wirtschaftsausschuss Anträge von CDU und FDP, eine bisher nur für den Flughafen Tegel geltende Ausnahmeregelung auszudehnen. Nur dort ist erlaubt, »Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs« auch sonntags zu verkaufen. Die FDP will diese Regelung für alle Fernbahnhöfe, die CDU allein für den Hauptbahnhof.

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