Wessen Anwalt ist Anwalt Popal?

Ein Geschäft: Entschädigungen für deutsche Bombenopfer in Afghanistan

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.
Im Ringen um Entschädigungen nach dem NATO-Bombardement bei Kundus steht eine Einigung bevor. So hieß es am Montag. Nun ergaben sich vermutlich neue Gesichtspunkte, die den verbrecherischen Angriff nicht besser machen, wohl aber Misstrauen gegen den Opferanwalt verbreiten.

Rechtsanwalt Karim Popal aus Bremen ist am Wochenende mit dem im Verteidigungsministerium für Haftungsfragen zuständigen Regierungsdirektor Christian Raap nach Afghanistan geflogen. Zu Wochenbeginn sollte im Bundeswehr-Feldlager noch über Details geredet werden.

Details? Die Fakten sind weitgehend klar. Bei dem von einem deutschen Offizier befohlenen Angriff auf zwei Tankwagen waren Anfang September über 140 Menschen getötet worden. Darunter viele Zivilisten. Würde man nach der Logik der NATO urteilen, so hätten die auf deutschen Befehl ausgeklinkten US-Bomben ausschließlich Zivilisten getroffen, da die aufsässigen Taliban keinen Kombattantenstatus beanspruchen dürften.

Doch derartige völkerrechtliche Erörterungen stehen nicht zur Debatte. Popal fordert Geld. Für wen? Von den 179 Opfern seien 137 getötete Zivilisten. Die Angehörigen der meisten hätten ihm ein Mandat gegeben. Was so nicht stimmt, verrieten Insider dem ARD-Magazin »Report« aus Mainz. Und das Magazin fand Beweise für diese Anschuldigungen, die dem Anwalt an die Ehre gehen müssten. Der zudem bei möglichen Mandanten mit seltsamen Argumentationen aufgetreten ist, die dazu führten, dass zumindest sechs Dorfälteste nichts mehr zu tun haben wollen mit Popal.

Das ARD-Magazin befragte eine Regionalabgeordnete, die frei zugab, für Popal Mandate auf Provision besorgt zu haben. Ob da noch andere ihre Hand im ertragreichen Anwaltsspiel hatten, ist offen. So wie unklar ist, ob den Dorfältesten nicht von anderer Seite mehr geboten wurde. Ursprünglich waren neben Popal drei weitere Anwälte aus Deutschland im Team. Über die Gründe der Trennung kursieren seltsame Versionen.

Wie auch immer. Popal scheint nicht nur an sich zu denken. Doch er hat angeblich – neben seinem Salär – auch noch drei andere Forderungen. Erstens: Bau eines Waisenhauses samt Kindergarten und Schule für die Kinder, die durch das vom Bundeswehr-Oberst Klein angeforderte Bombardement ihre Eltern verloren. Popal geht von 163 Waisen aus.

Zweitens: Kauf von Immobilien beziehungsweise Ackerland, um den Hinterbliebenen eine langfristige Sicherung ihrer Existenz zu ermöglichen. Drittens: Entwicklung einer Genossenschaft für die 91 Witwen, in der sie Arbeit finden und Milch verarbeitende Viehzucht betrieben werden soll.

Was immer auch dran ist an den Beschuldigungen – es gibt einen Bundestag-Untersuchungsausschuss des Parlaments, der unter diesen Umständen wohl nicht alles – wie geplant geheim – verhandeln kann.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.