Wo fängt Elite an, wo hört sie auf?

Grüne beklagen mangelnde Aufarbeitung nach 1989

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 2 Min.

Einen Tag nach der Anhörung von Fachleuten in Stasi-Fragen sortiert sich nun der Landtag. Die Grünen haben erneut öffentlich beklagt, dass der »Elitenwechsel« nach der Wende nur halbherzig erfolgt sei. Eine Mitarbeit beim Ministerium für Staatssicherheit der DDR begründet laut Expertenmeinung keinen Zwang zum Mandatsverzicht. Das heißt, die Abgeordnete Renate Adolph (LINKE) hätte nicht gezwungen werden können, ihr Mandat zurückzugeben. Sie hat zu DDR-Zeiten die DDR-Auslandsaufklärung unterstützt. Weil sie vermutlich den Druck fürchtete, der künftig auf ihr lasten würde, hat sie das Parlament verlassen.

Der LINKEN-Abgeordnete Gerd-Rüdiger Hoffmann dagegen besteht auf seinem Mandat. Er hatte seine Partei nicht über das gesamte Ausmaß seiner Stasi-Tätigkeit unterrichtet. Inzwischen ist er nicht mehr Mitglied der LINKEN-Fraktion.

Im Fall der ebenfalls unter entsprechendem Druck stehenden LINKE-Abgeordneten Gerlinde Stobrawa hält die Fraktion zu ihrer Genossin. Ihr wird vorgeworfen, einen einstigen Mitarbeiter an das Ministerium für Staatssicherheit der DDR verraten zu haben. Was durch die Medien gehe und von der Birthler-Behörde ermittelt ist, das sei durch Offenbarungen von Frau Stobrawa im Vorfeld gedeckt, heißt es. Sie sei offen mit diesem Punkt ihrer Vergangenheit umgegangen.

Brandenburgs Grüne haben ihre Haltung bekräftigt, wonach eine »Aufarbeitung der fehlenden Aufarbeitung« zu erfolgen habe. Den Abgeordneten und Landesvorsitzenden Axel Vogel stört, dass es nach 1990 in Ostdeutschland viel zu wenig Elitenaustausch gegeben habe und noch viel zu viele damalige Funktionsträger heute gesellschaftliche Positionen einnähmen.

Nach dieser Logik stünde jetzt allerdings auch jener Beamte im Zwielicht, der in den Medien als Opfer von Gerlinde Stobrawa dargestellt wird. Denn als er angeblich von Stobrawa bespitzelt worden war, bekleidete er die Funktion eines stellvertretenden Ratsmitglieds im Bezirkstag Frankfurt/Oder, war auf jeden Fall DDR-Nomenklatura. Und gehörte also zur »DDR-Elite«, welche nach Auffassung der Grünen noch viel zu zahlreich in den öffentlichen Dienst des Landes übernommen wurde.

Den Grünen zufolge sei zu klären, wo hohe Funktionäre der SED und der Blockparteien in den öffentlichen Dienst des Landes übernommen wurden, etwa bei den Kommunalverwaltungen. Wo die Grünen dabei die Grenze ziehen, ist unklar. Matthias Platzeck, Regine Hildebrandt und Angela Merkel haben zu DDR-Zeiten studieren können und akademische Berufe ergriffen. Waren sie deshalb Elite?

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