ÖBS kann nicht wie geplant ausgebaut werden
Umverteilung von Mitteln der Bundesagentur zwingt Sozialsenatorin zum Verzicht bei Beschäftigungssektor
Der Ausbau des Öffentlichen Beschäftigungssektors (ÖBS) in Berlin ist vorerst gescheitert. Rund 7500 solcher Stellen für Langzeitarbeitslose gab es Ende 2009 in der Hauptstadt, 10 000 sollten es werden. Auf ein ähnliches Niveau wollte auch die rot-rote Landesregierung in Brandenburg kommen.
In ÖBS-Stellen in Berlin arbeiten Langzeitarbeitslose als Mobilitätshelfer, in der Nachbarschafts- und schulischen Bildungsarbeit sowie zur Unterstützung der Integration von Migranten. Alles gesellschaftlich notwendige Projekte, die mit mindestens 7,50 Euro honoriert werden. Das Vorzeigevorhaben der Linkspartei, über den ÖBS Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt zu vermitteln, hat nun einen empfindlichen Rückschlag erlitten. »Obwohl ein Ausbau verlässlich verabredet war, haben wir nun ohne Vorankündigung erfahren, dass Mittel anders verteilt werden sollen«, erklärte Berlins Arbeitssenatorin Carola Bluhm gestern, die bekennt, deshalb »tagelang geschockt« gewesen zu sein.
Hintergrund ist die reale Kürzung des Beschäftigungszuschusses (BEZ) um 26 Prozent. Mit diesen Bundesmitteln, die über die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg ausgezahlt werden, wird das Gros der Berliner ÖBS-Stellen finanziert. Statt 83,2 Millionen Euro wie 2009 sollen in diesem Jahr nur 61,2 Millionen fließen. Um die bisher geschaffenen Stellen zu sichern, will Bluhm nun auf ein anderes Förderinstrument der Bundesagentur ausweichen.
Mit den Mitteln sei die Unterstützung von Langzeitarbeitslosen für rund zwei Jahre gesichert, gehofft wird aber auf mehr. Ob die angesprochene Option funktioniert, ist nach Angaben des Sprechers der Regionaldirektion der Bundesarbeitsagentur, Olaf Möller, indes noch nicht endgültig geklärt: »Wir haben eine vorläufige Haushaltsführung, die bis Ende Januar gilt.« Erst dann gäbe es gesicherte Zahlen, so Möller. Fest steht zwar, dass die bereits geschaffenen Stellen 2010 durchlaufen können, aber keine neuen Stellen mehr im ÖBS zusätzlich nach der BEZ-Förderung geschaffen werden. Weiteres Ungemach droht dem ÖBS unterdessen durch die schwarz-gelbe Bundesregierung. Im Koalitionsvertrag ist auf Seite 81 festgehalten: »Wir wollen die Vielzahl der bestehenden Arbeitsmarktinstrumente deutlich reduzieren.«
Mehrere Anfragen im Bundesarbeitsministerium erbrachten keine Klärung dieser Passage. Konkrete Sparplänen seien noch nicht erarbeitet worden, vertröstete eine Sprecherin Ursula von der Leyens (CDU). Darüber hinaus wirft die Bundesregierung dem Senat vor, die Kofinanzierung der ÖBS-Stellen nur bis Ende 2011 abgesichert zu haben und nicht auf Dauer. »Das Land Berlin muss dafür sorgen, dass der Öffentlich geförderte Beschäftigungssektor auf eine solide Finanzierungsbasis gestellt wird«, so die Sprecherin gegenüber ND.
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