»Was vorher war, können die Historiker bearbeiten«

Klaus Ernst zur Lage der Partei nach dem Rückzug von Oskar Lafontaine aus der Führung

  • Lesedauer: 3 Min.
Klaus Ernst ist Vizevorsitzender des Vorstandes der Linkspartei und Vizefraktionschef im Bundestag. Der Gewerkschafter war einer der Mitbegründer der WASG. Sein Name ist einer derjenigen, die für den künftigen Parteivorsitz gehandelt werden. Im Streit um Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch hatte er diesen der Illoyalität bezichtigt, Oskar Lafontaine hat sich in seiner eigenen knappen Stellungnahme zum Thema ausdrücklich auf Ernst berufen. Mit ihm sprach für Neues Deutschland Uwe Kalbe.
»Was vorher war, können die Historiker bearbeiten«

ND: Entsteht nach Oskar Lafontaines Entscheidung ein Machtvakuum?
Ernst: Selbstverständlich ist es ein Verlust, dass Oskar Lafontaine nicht wieder kandidiert. Aber erstens ist er bis Mai noch im Amt. Zweitens haben wir funktionierende Gremien, einen Geschäftsführenden Vorstand und auch noch Gregor Gysi. Jeder, der Verantwortung trägt, ist jetzt gefragt, dass möglichst rasch ein personelles Konzept vorgelegt wird, das auf dem Parteitag in Rostock tragfähig ist und in dem Ost und West so repräsentiert sind, dass dies in der Partei insgesamt akzeptiert wird.

Daraus schließe ich: Es gibt auch nach Ihrer Beobachtung ein Ost-West-Problem?
Es sind vollkommen andere Kulturen in den Ost- und West-Landesverbänden der Partei, weil wir eine sehr unterschiedliche Geschichte linker Politik haben. Das zeigt sich in unterschiedlichen Wahlergebnissen, aber auch in unterschiedlichen Ansichten zur praktischen Politik. Im Osten haben wir 30 Prozent, im Westen sind wir außerhalb des Saarlandes deutlich darunter. Dort ist es ein Erfolg, dass wir in mehreren Ländern deutlich die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen haben. Diese Verschiedenheit muss auch in der künftigen Führung Berücksichtigung finden.

Wenn es kein Machtvakuum gibt, ein Führungsproblem gibt es. Wäre es nötig gewesen, dieses noch zu vergrößern – dadurch, dass man Bundesgeschäftsführer Bartsch zum Rückzug genötigt hat?
Sie glauben doch nicht, dass ich dazu jetzt noch Stellung nehme. Das ist vorbei.

Wieso vorbei?
Weil wir nach vorne blicken müssen, weil Bartsch nicht kandidiert, weil wir jetzt ein gemeinsames Tableau erarbeiten werden. Was vorher war, können die Historiker bearbeiten. Wir müssen allerdings daraus lernen, dass Personalkonflikte nicht über die Medien ausgetragen werden dürfen.

Die Konflikte, die zu seinem Rückzug geführt haben, sind bisher nicht ausgeräumt.
Was zu seinem Rückzug geführt hat, wurde ausreichend öffentlich erörtert. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

Also gibt es auch kein Problem damit, dass Bartsch als Bundesgeschäftsführer bis Mai einen großen Anteil an der Vorbereitung des Parteitages in Rostock hat?
Nein.

Es sind bereits einige Namen genannt für die künftige Führung, darunter Ihrer. Wären Sie bereit, die Aufgabe des Vorsitzenden zu übernehmen?
Über Personalfragen werde ich mich jetzt nicht äußern. Es ist Aufgabe der zuständigen Gremien, ein Konzept zu erarbeiten.

Ich wollte nur wissen, ob Sie bereit wären.
Ich habe Ihnen eine Antwort gegeben.

Morgen (am heutigen Montag – die Redaktion) sollen Gespräche des Vorstandes mit den Landesvorsitzenden beginnen. Können Sie das bestätigen?
Das kann ich bestätigen.

Was ist das Ziel?
Ziel ist es, Personalfragen zu erörtern und mögliche Lösungen zu erarbeiten.

Die Landesvorsitzenden haben sich in der letzten Zeit mit sehr unterschiedlichen Positionen zu Wort gemeldet. Da sind Unstimmigkeiten zu bereinigen. Wird das gelingen?
Das hoffe ich sehr. Was schädlich wäre, wenn sich jetzt unterschiedliche Gruppen gegeneinander in Stellung bringen würden. War wir dringend brauchen, ist eine ausgewogene Führung, in der Osten und Westen repräsentiert sind und die die Pluralität unserer Partei zum Ausdruck bringt. Und die die bisherige Strategie der Partei mit aller Macht weiter vertritt.

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