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Indien feiert Einheitsstaat

Vor 60 Jahren trat die erste Verfassung der Republik in Kraft

  • Hilmar König, Delhi
  • Lesedauer: 3 Min.
Indien feierte am Dienstag unter außergewöhnlichen Sicherheitsvorkehrungen den 60. Jahrestag der Republik. Am 26. Januar 1950 trat die erste Verfassung des 1947 unabhängig gewordenen Staates in Kraft. Darin wurde das Land zur »souveränen sozialistischen säkularen demokratischen Republik« erklärt.

Ein Heer an Sicherheitskräften begleitete nicht nur die traditionelle Militärparade und den Festumzug auf dem Raj Path in Neu-Delhi, sondern wegen Warnungen vor Anschlägen waren alle neuralgischen Stellen im Land wie Flughäfen, Häfen, Bahnhöfe und Regierungsgebäude extra geschützt.

Präsidentin Pratibha Devisingh Patil nahm die Parade ab, auf der Indien erneut seine Militärmacht demonstrierte. Der 26. Januar ist ein historisches Datum, denn an diesem Tag im Jahre 1930 hatte der 1885 gegründete Indische Nationalkongress eine von Mahatma Gandhi, dem künftigen »Vater der Nation«, ausgearbeitete Resolution zur Erlangung vollständiger Unabhängigkeit verabschiedet. Hunderttausende Inder legten danach das Unabhängigkeitsgelübde ab und verstärkten ihr Streben nach Befreiung vom Kolonialjoch mit überwiegend gewaltlosen Mitteln. Obwohl die staatliche Einheit des Riesenlandes seit 1947 bewahrt werden konnte, was Politiker aller Parteien als die bemerkenswerteste Errungenschaft bewerten, bietet dessen Gliederung in Unionsstaaten bei weitem nicht mehr das gleiche Bild wie am 15. August 1947. Waren anfangs bei deren Bildung die sprachlichen Strukturen ausschlaggebend, so spielten später soziale und wirtschaftliche Entwicklungsaspekte neben »Regionalstolz« eine immer wichtigere Rolle bei der Neugliederung. So entstanden in den letzten zehn Jahren der von Bihar abgetrennte Unionsstaat Jharkhand, das von Madhya Pradesh abgetrennte Chhattisgarh und das von Uttar Pradesh abgetrennte Uttarakhand (auch Uttaranchal genannt).

Diese Entwicklung ermutigte andere Regionen Indiens in ihrem Bemühen, den Status eines eigenen Unionsstaates zu erringen. Das aktuelle Beispiel dafür liefert der südliche Unionsstaat Andhra Pradesh, wo es eine – seit mehr als 50 Jahren bestehende – Bewegung zur Schaffung eines eigenen Unionsstaates Telangana gibt. Der Kampf darum wird mit allen Mitteln geführt, von politischen Initiativen, Ausständen, Hungerstreiks und durchaus nicht immer friedlichen Demonstrationen bis zum vereinzelten spektakulären »Selbstmord für die Sache«. Erst vor ein paar Tagen kam es in Hyderabad zu Zusammenstößen zwischen protestierenden Studenten und der Polizei. Die Kongresspartei, die in Delhi den Kern der Koalitionsregierung bildet und auch Andhra Pradesh regiert, hatte im Herbst 2009 zunächst signalisiert, das Telangana-Streben zu unterstützen. Doch eine anschließende Allparteienkonferenz konnte sich zu keinem Beschluss durchringen.

Die Meinungen über einen neuen Unionsstaat gehen in und zwischen den Parteien und natürlich unter der Bevölkerung Andhra Pradeshs weit auseinander. Die Befürworter Telanganas, das etwa ein Drittel des jetzigen Unionsstaates ausmachen würde, beklagen, dass diese im Landesinneren gelegene Region gegenüber den Küstendistrikten bei allen Entwicklungsvorhaben vernachlässigt wurde. Die Gegner Telanganas hingegen führen an, dass ihnen die blühende Metropole Hyderabad, ein Zentrum der Informationstechnologie und der Pharmaindustrie, verloren ginge.

Im Norden Westbengalens besteht eine starke Bewegung der nepalischen Minderheit zur Bildung eines eigenen Unionsstaates Gorkhaland. Mehr Kopfzerbrechen bereiten der Regierung indes Bestrebungen in der Kaschmirregion, wo im politischen Spektrum auch Unabhängigkeit von Indien und von Pakistan als eine Option gilt.

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